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Das Christkind kommt in diesem Jahr aus Horw

Das Christkind kommt in diesem Jahr aus Horw

Eine wahre Weihnachtsgeschichte. Zugetragen in Horw, einer Vorortsgemeinde von Luzern CH. Ein einsamer Einzeleinsprecher hatte Erfolg. Mit einer Flut von Publikationen aus dem Internet (vor allem aus Gigaherz.ch) bombardierte er als Einzelkämpfer den Gemeinderat so lange, bis sich dieser seiner Verantwortung bewusst wurde.

von Hans-U.Jakob, am 21.12.03

Da könne man gar nichts machen! Die Anlage sei von kantonalen Fachstellen auf Einhaltung der Grenzwerte überprüft worden, das Bundesgericht habe die Grenzwerte abschliessend eingesegnet und somit sei die Anlage zu bewilligen. Da könne Baukommission und Gemeinderat gar nichts anderes tun, als JA zu sagen. Das sei zwar bedauerlich, aber machen könne man da gar nichts! Selbst wenn 1000 und mehr Einsprachen eingereicht würden.
So und ähnlich, oft noch in viel gewunderen und katzbucklerischen Sätzen, tönt es in den allermeisten Baubewilligungen zu Mobilfunkanlagen.
Da ist der Gemeinderat von Horw nun gründlich anderer Meinung und macht allen elektrosensiblen Menschen, von welchen es landesweit bereits 20% * gibt, ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk.

Ein Weihnachtsgeschenk dessen sich im Laufe der nächsten Monate des Jahres 2004 recht viele Schweizer Gemeinden bedienen mögen.

Nicht zuletzt deshalb, weil letzte Woche die eidg. Kommunikationskommission (Com-Com) zusammen mit dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) 2 weiteren Mobilfunkanbietern grünes Licht für weitere Mobilfunknetze und somit zur weiteren Verseuchung des Landes gegeben hat.
Also drucken wir hier die wichtigsten, das heisst die besonderen Passagen des Ablehnungstextes ab, damit die Gemeindeschreiber weiterer Gemeinden beim nachfolgenden, vorbildlichen Text, lediglich nur noch die Tasten „kopieren und einfügen“ drücken müssen.

Abschrift aus dem Bauentscheid

4.6.5
Aus der (….) Einspracheschrift kommt klar zum Ausdruck, dass die Erweiterung der bestehenden Anlage abgelehnt wird. Begründet wird diese ablehnende Haltung mit dem Gefahren- und Schädigungspotential, das mit dieser Anlage verbunden ist. (…..)
Auf diesen Umstand weist auch das vom Einsprecher eingereichte, umfangreiche Material (aus dem Internet) mit aller Deutlichkeit hin.
Die Argumentation des Einsprechers erhält umso grösseres Gewicht, wenn in Betracht gezogen wird, dass in unmittelbarer Nähe des Standortes. obwohl sich dieser am Rande einer Industriezone befindet, Zentren wie Schulhäuser und die Horwerhalle befinden. Das Mehrfamilienhaus in welchem der Einsprecher wohnt, liegt in der Wohnzone.

4.6.6
Der Gemeinderat vertritt die Gemeinde nach aussen. Er ist einerseits der Rechtsordnung verpflichtet, muss anderseits aber auch die Interessen der Einwohnerschaft wahren und jeden Schaden von ihr abwenden. Analog kann auf § 21 des kantonalen Organisationsgesetzes (SRL Nr. 20) verwiesen werden. In dieser Bestimmung ist festgehalten, dass das Verwaltungshandeln einerseits rechtmässig sein muss (§ 21 lit a), anderseits aber auch den Bedürfnissen der Bevölkerung zu genügen hat. (lit.d)

In diesem Spannungsfeld ist der Gemeinderat gewillt, seinen Ermessensspielraum in Anspruch zu nehmen und diesen nach den jeweiligen Umständen auch auszuschöpfen. Die Gemeinde Horw hat den Grossteil ihrer Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Primar- und Oberstufenschulhaus) im Gebiet Horw Allmend konzentriert. Ebenfalls sind Horwerhalle, Turn- und öffentliche Spielplätze dort vorzufinden. Nicht zu vergessen sind dabei die Wohnquartiere Wegmatt, Stirnrüti, Kirchfeld, Obkirch, Neumatt (Hanglage), die teilweise in Sichtkontakt zu den Mobilfunkantennen stehen und somit von den Feldstärken betroffen sind. Es sind nicht nur die direkt angrenzenden Gebiete an die Sendeanlage betroffen, sondern auch das sehr exponiert liegende Alters- und Pflegeheim Kirchfeld. Die Unbedenklichkeit der heutigen Grenzwerte ist wissenschaftlich umstritten. Selbst im „Erläuternden Bericht zur neuen NIS-Verordnung wird darauf hingewiesen, dass auch bei niedriger Intensität der Strahlung begründete Hinweise auf schädliche Wirkungen bestehen.

Das Umweltschutzgesetz verlangt, dass dem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen werden muss, dass es besonderen Wert auf den Schutz von Personengruppen mit erhöhter Empfindlichkeit (Kinder, Betagte, etc.) legt und selbst potentielle Schädlichkeit und Lästigkeit von Emissionen verhindern will. Sensible Zonen wie Kindergärten, Schulen,Altersheime sollten möglichst keiner Belastung durch Mobilfunkantennen und die Wohnzonen möglichst geringer Belastung ausgesetzt werden.

Die gesundheitliche Vorsorge in der Gemeinde Horw ist wichtiger, als der aus der Sicht der Mobilfunkbetreiber optimale geographische Antennenstandort und dessen Erweiterung.
In Wahrnehmung seines Auftrages, den Schutz der Wohnbevölkerung sicherzustellen, kann der Gemeinderat nicht die Verantwortung dafür übernehmen, dass da wo der Grossteil der Bildungseinrichtungen steht, eine erweiterte Antennenanlage mit einem wissenschaftlich nicht absolut widerlegten Gefahren- und Schädigungspotential realisiert wird. Die Interessen der Anwohnerschaft wiegen nicht zuletzt deshalb schwerer, weil die Zukunft der UMTS unsicher ist.

4.6.7.
Im Sinne dieser Erwägungen ist daher die Einsprache gutzuheissen und die nachgesuchte Baubewilligung ist abzuweisen. Auf die weiteren Ausführungen in der Einsprache ist bei diesem Ergebnis nicht mehr einzutreten. Ebenfalls sind keine auflagen zu verfügen.

* Angaben von der Landessanitätsdirektion Salzburg, Dr. med Gerd Oberfeld

siehe auch:
Liste mutiger Kommunal- und Gerichtsentscheide, ergänzt bis November 2003 (unter Historisches)

Von Hans-U. Jakob

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