News

1C_307/2023: Leit- oder Skandalurteil?

Am 10. Januar jubelt Schweizer Radio und Fernsehen sowie die etablierte Tagespresse: «Bundesgericht entscheidet zu Gunsten von adaptiven 5G-Antennen!» Das Bundesgericht habe in einem Leiturteil festgelegt, dass adaptive 5G-Antennen nicht gefährlicher seien, als normale Sendeantennen.
Swisscom CEO Christoph Aeschlimann wird mit den Worten zitiert, nun sei der Weg für weitere 1000 Antennen frei und das Bundesamt für Umwelt kommentiert, man hoffe, dass die hängigen Verfahren nun zügig entschieden werden könnten.


Zum Bild oben:
Madamme Helvetia mit dem Schwert über dem Haupteingang zum Bundesgericht sollte gelentlich einmal herabsteigen und einige Köpfe rollen lassen.

Von Hansueli Jakob
NIS-Fachstelle von Gigaherz.ch
Lanzenhäusern 23. Januar 2025

Die seltsam anmutende Übereinstimmung von Swissvom und BAFU, liessen uns aufhorchen und vermuten es könnte sich möglicherweise um ein bestelltes Gefälligkeitsurteil handeln, um den seit Monaten durch Einsprachen und Beschwerden blockierten tausenden von Baubewilligungsverfahren für Mobilfunk-Sendeanlagen einen gewaltigen Schub zu verleihen.
Wie richtig wir mit dieser Vermutung lagen zeigen uns nun die inzwischen beschafften Projektunterlagen, die zu diesem angeblichen Leiturteil führten.
Es handelt es sich mitnichten um ein Grundsatz- oder Leiturteil, sondern um ein wahrhaftes Skandalurteil.

Zur Begründung:

Punkt A. Der Vergleich mit dem Standortdatenblatt
Das Bundesgericht, notabene in 5er Besetzung, versucht unter Kapitel A Sachverhalt den Anschein zu erwecken es handle sich bei der zu beurteilenden Anlage um eine Miniatur-Anlage der Swisscom in den Frequenzbändern 700-900MHz, 1400-2600MHz und 3600MHz. Wobei das 3600MHz-Band adaptiv mit einer Kumulierten Sendeleistung von 700Watt ERP aufgeteilt in 2 Senderichtungen  betrieben werden solle. 300Watt ERP in Senderichtung 40° und 400Watt ERP in Senderichtung 130°.

Bei der Konsultation des Standortdatenblattes der zu beurteilenden projektierten Anlage wird jedoch sofort klar, dass es sich in Tat und Wahrheit um ein wahres Antennenmonster der Firma SALT  SA.- handelt.  Sunrise und Swisscom haben hier nur Gastrecht. Die kumulierten Sendeleistungen, lassen die Angaben der Bundesrichter völlig verblassen.

SALT betreibt die selben Frequenzbänder in 4 Senderichtungen mit einer kumulierten Sendeleistung von 10’100Watt ERP.
SUNRISE betreibt die selben Frequenzbänder in 3 Senderichtungen mit einer kumulierten Sendeleistung von 4’200Watt ERP.
SWISSCOM betreibt die selben Frequenzbänder in nur 2 Senderichtungen mit einer kumulierten Sendeleistung von 3950Watt ERP und nicht 700Watt ERP.

Die kumulierte Sendeleistung aller drei Anbieter beträgt demnach 18’250Watt ERP. Das ist 26mal mehr als die 700Watt welche die fünf Bundesrichter ihren Erwägungen zu Grunde legen.

Zudem betreibt auch SALT 4 adaptive Antennen im 3400MHz Band mit einer kumulierten Sendeleistung von 1400Watt ERP gegenüber den kumulierten 700Watt ERP von SWISSCOM.

SUNRISE betreibt 3 Antennen im 3600MHz-Band mit einer kumulierten Sendeleistung von 800Watt ERP. SUNRISE behauptet, diese nicht adaptiv betreiben zu wollen. Das ist funktechnisch gar nicht möglich. Der verwendete Typ Sendeantenne AAU5831 von HUAWEI lässt im 3600MHz-Band gar keine andere Betriebsart zu. Zudem verwendet SALT denselben Typ, meldet den adaptiven Betrieb jedoch an.

FAZIT aus Punkt A: Die 5 Bundesrichter haben das Standortdatenblatt nicht verstanden oder, was noch der grössere Skandal wäre, gar nicht verstehen wollen. Das Urteil 1C_307/2023 ist weder ein Grundsatz- noch ein Leiturteil, sondern ein katastrophales Fehlurteil, welches kaum mit andern Anlagen vergleichbar ist und bei welchem möglicherweise Korruption im Spiel steht. Dass die Anlage auf einer Klinik zu stehen kommen soll, in welcher auch Langzeitpatienten und Kinder hospitalisiert sind, zeugt erst recht von einer verwerflichen Gesinnung.

Die tatsächlichen technischen Angaben zu den Sendeantennen, welche die Bundesrichter hätten beurteilen müssen, können hier auf insgesamt 3 Seiten eingesehen werden: https://www.gigaherz.ch/wp-content/uploads/2025/01/Standortdatenblatt_Zusatzblatt-2.pdf

Punkt B: Bundesrichter missachten Hauptantrag der Rekurrenten
Des Weiteren haben es die fünf Bundesrichter unterlassen, dem Hauptantrag der Beschwerdeführenden zu folgen, welche nichts anderes beantragt hatten, als anhand von bereits erfolgten zertifizierten Abnahmemessungen zu untersuchen, ob die in den Baugesuchen prognostizierten Strahlungswerte jeweils mit der Realität übereinstimmen. Siehe Sachverhalt Punkt C im Urteil.

Stattdessen wurde, um nachzuweisen, dass eine solche Untersuchung abgelehnt werden müsse,  wacker aus dem 33-Seitigen Argumentenkatalog der Swisscom abgeschrieben. Entweder haben die tapferen Fünf den Antrag nicht verstanden, oder was noch der grössere Skandal wäre, nicht verstehen wollen.
Wären sie der Sache nachgegangen, wäre die Gefahr wohl viel zu gross gewesen, feststellen zu müssen, dass die Messresultate von adaptiven 5G-Sendeantennen, mit den berechneten Werten meistens gar nicht übereinstimmen und das Messwesen höchst fragwürdig und revisionsbedürftig ist.

Punkt C: Zum sogenannten Qualitätssicherungssystem.
Es ist zutreffend, dass die 5 Bundesrichter in ihrem angeblichen Leiturteil 1C_307/2023 vom 9.Dezember 2024 auch das sogenannte Qualitätssicherungssystem als gesetzes und verfassungsmässig beurteilt haben.
Mit welchem Unfug sich das Bundesgericht jedoch zufrieden gab, zelebrieren uns die 5 Bundesrichter in ihren Erwägungen 7.3 gleich selber: Einmal pro 24 Stunden überprüfe eine softwareseitige Prüfrutine in den Steuerzentralen während einer Sekunde die eingestellten Sollwerte der Sendeparameter. Und während der restlichen 86’399 Sekundendes Tages dürfen sie dann das, was ihnen gerade passt. Allfällige Überschreitungen während dieser einzigen Sekunde des Tages, würden in ein Fehlerprotokoll übertragen, welches den kantonalen und städtischen NIS-Fachstellen alle 2 Monate per elektronischer Postkarte zugestellt würde. Zudem handelt es sich um eingestellte Soll-Werte für die Sender und nicht etwa um den Ist-Wert der Strahlung bei der Anwohnerschaft.
Auch wenn das Bundesgericht diesen Unfug schon mehrmals gutgeheissen hat, wird dieser dadurch nicht brauchbarer. Und Offensichtlich lässt sich in der Schweiz jedes noch so liederliche Sicherheitssystem zertifizieren. Hauptsache, es entspricht exakt den Vorgaben des Erfinders, ob es etwas taugt, muss nicht untersucht werden.

Fazit gesamthaft: Bem Urteil 1C_307/2023  handelt es sich mitnichten um ein Grundsatz- oder Leiturteil, sondern um ein wahrhaftes Skandalurteil.

Von Hans-U. Jakob

Kommentare sind ausgeschaltet