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5G: Der Gemeindebrief 3/2019

Am 29.November verschickten Swisscom und ASUT einen gemeinsamen, sogenannten Gemeindebrief Nr. 3/2019 an sämtliche Gemeinde-Exekutiven (Gemeinderäte und Baukommissionen) der Schweiz, voll mit zweifelhaften bis unwahren Behauptungen zum Bericht der bundesrätlichen Arbeitsgruppe «Mobilfunk und Strahlung». Darin werden die Gemeinden unverblümt aufgefordert, auf Grund diese Berichtes, welcher alles andere als Entwarnung bringt, dem Ausbau der 5G-Netze jetzt keine Steine mehr in den Weg zu legen.
Alles nachzulesen unter: https://www.gigaherz.ch/wp-content/uploads/2019/12/Gemeindebrief_SC_ASUT_29-11-19.pdf
Was Swisscom und ASUT kann, kann Gigaherz.ch selbstverständlich auch. Nämlich einen Brief an die 2300 Gemeindeverwaltungen der Schweiz verschicken. Den Inhalt unseres Schreiben vom 12. Dezember stellen wir unseren Lesern hier gerne zur weiteren Verwendung und zum Versand an weitere Behörden, Politiker und andere Interessierte zur Verfügung.

An alle Gemeinde-Exekutiven
Bauverwaltungen und Baukommissionen
der Schweiz


Schwarzenburg, 12. Dezember 2019

Betrifft: Neues von Gigaherz.ch für Behörden und Politik

Sehr geehrte Frau Präsidentin
Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben Ende November oder Anfangs Dezember von Swisscom und ASUT dem Branchenverband der Schweizer Mobilfunkbetreiber, Post in Form des Gemeindebriefes 3/2019 erhalten. Dieser ist unseres Erachtens dermassen voller Falschinformationen, dass wir uns veranlasst sehen, Ihnen dazu eine Berichtigung zukommen zu lassen.

Gigaherz.ch gibt es seit dem Jahr 2000 und ist zur Zeit die grösste und älteste Organisation Elektrosmog-Betroffener. Wir sind ein gemeinnütziger Verein mit ehrenamtlich arbeitenden Vorstandsmitgliedern und einer vollamtlichen NIS-Fachstelle. Seit Juli 2007 besitzen wir das Beschwerderecht in kantonalen Angelegenheiten.

Berichtigungen zum Gemeindebrief 3/2019
von Swisscom und ASUT

Die Falschmeldungen beginnen bereits im Begleitschreiben
.
Der Bericht der Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung sei zusammen mit Nichtregierungsorganisationen, Forschung und Wissenschaft und auch Swisscom erarbeitet worden. Fakt ist: Ausser den Ärztinnen und Ärzten für Umweltschutz waren in dieser Arbeitsgruppe keinerlei NGOs vertreten. Auf unsere Nachfrage, als grösste und älteste NGO der Schweiz in Sachen nichtionisierender Strahlung hin, wurde uns sogar mitgeteilt, unsere Mitarbeit sei nicht erwünscht. So wird es auch kritischen Wissenschaftlern ergangen sein, die sich um die Aufnahme in dieser Arbeitsgruppe bemüht haben. Es vermag damit kaum jemanden verwundern, dass die Abstimmungsresultate in dieser Arbeitsgruppe stets in der Grössenordnung von 20:1 lagen.

Keine neuen Erkenntnisse

lautet bereits die erste Schlagzeile im Gemeindebrief der Swisscom. Das trifft vollumfänglich zu. Aber der zweite Teil der Schlagzeile müsste heissen, das bisherige Wissen genügt vollauf, um den Mobilfunk in der Schweiz drastisch einzuschränken. Oder, falls man die Kriterien, die für die Zulassung neuer Medikamente oder neuer Schädlingsbekämpfungsmittel anwenden wollte, sogar verbieten müsste.
Auf Seite 57 des Berichtes der Arbeitsgruppe befindet sich nämlich eine «schöne» Grafik für welche Gesundheitsrisiken und Gesundheitsschäden Mobilfunkstrahlung verantwortlich ist.
Ausreichend begründet:
Veränderung der Hirnströme
Begrenzt begründet:
Hirntumore, krebsfördernd (im Tierversuch), verminderte Spermienqualität, Durchblutungsstörungen im Gehirn, Schädigung des Erbgutes (DNS), programmierter Zelltod, oxydativer Zellstress.

Kennt man die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe, müssen diese Eingeständnisse geradezu als alarmierend eingestuft werden. Wie blanker Hohn tönt dagegen die Behauptung von Swisscom und ASUT, es bestehe nun kein Grund mehr für Moratorien gegen 5G.

Kein Grund für Moratorien gegen 5G?
Nachdem bis anhin nichtthermische Effekte, wie oben beschrieben von der Mobilfunkindustrie jahrzehntelang hartnäckig geleugnet und nun von einer Arbeitsgruppe, in welcher die Interessen der Mobilfunkindustrie massiv übervertreten waren, zugegeben werden mussten, finden wir die Aufhebung von Moratorien geradezu fahrlässig.

Wie soll es nun weitergehen?

Als gar nicht vertretbar finden wir die Forderungen von Swisscom und Co. nach einer Erhöhung der Anlage- sprich Vorsorge-Grenzwerte von 5V/m auf 20V/m

Vorsicht vor Wölfen im Schafpelz:  Alle 3 Versionen der im Bericht vorgeschlagenen Optionen auf eine Anpassung der Grenzwerte laufen auf das selbe Ziel hinaus. Nämlich 20V/m

Option ComCOM (Eidg. Kommunikationskommission):

Anlage Grenzwert auf 11.5V/m anpassen. Liest man im Bericht der Arbeitsgruppe genau nach, sind damit 11.5V/m pro Anbieter und pro Sendemast gemeint. Was auf die Gesamtbelastung umgerechnet wiederum 20V/m ergibt.
Die Formel heisst: Etotal=Wurzel aus 3×11.52=19.92V/m.

Option von ASUT (Branchenverband der Mobilfunkbetreiber)

Anlage Grenzwert auf einheitliche 6V/m für jede ausgesendete Sendefrequenz. Was ASUT selbstverständlich verschweigt, ist, dass bei 3 Betreibern auf dem selben Mast, 3×4=12 verschiedene Frequenzen ausgesendet werden. Was auf die Gesamtbelastung wiederum 20V/m ausmacht.
Die Formel heisst Etotal=Wurzel aus 12×62=20.78V/m.
Wer diesen herrlichen Schwindel nicht bemerkt, ist halt selber schuld.

Wie ist das genau? – Nachfragen zu 5G:

Eine Erhöhung des Anlage-Grenzwertes in V/m um das 4-Fache ergibt eine 16mal höhere Leistungsflussdichte in Watt/m2 und ermöglicht somit eine 16mal stärkere Sendeleistung pro Anlage. Wenn also heutige Anlagen 2000 bis 3000Watt ERP in einen Kreissektor von 120° schicken, sollen es künftig 32’000 resp. 48’000Watt ERP sein. Kennt man die Möglichkeiten der 5G Sektor-Antennen von ERICSSON und NOKIA, begreift man diese unsinnige Forderung sofort. Diese betragen nämlich laut Angaben der Hersteller bis 25’000Watt ERP resp. bis 32’000Watt ERP, was ganz massive Überschreitungen der heute geltenden Grenzwerte um das 2 bis 4-Fache bis auf Distanzen von 220m zur Folge hat.

Der Trick mit der Bagatelländerung
Nachdem eine Lockerung der Strahlungsgrenzwerte vom Ständerat innerhalb von 15 Monaten gleich zweimal abgelehnt wurde, soll plötzlich die Einführung von 5G ohne Lockerung der Grenzwerte und ohne jede Erhöhung der Sendeleistung als einfachste Bagatelländerung bestehender Sendemaste und ohne jegliches Baubewilligungsverfahren möglich sein?
Wie geht das denn? 16mal mehr Sendeleistung als Bagatelle? Ganz einfach: in den Standortdatenblättern, die Teil jedes Baugesuches sind, wird bei den 5G-Antennen statt 25’000Watt ERP resp. 32’000Watt ERP nur gerade 50Watt ERP, oder wenn es hoch kommt und in der Gesamt-Leistungsbilanz noch gerade etwas Platz hat, vielleicht 1000Watt ERP eingesetzt. Und die 5G-Antennen werden nicht etwa als solche deklariert, sondern lediglich als Sektor-Antennen im 3400-3600Megahertz-Band.
Wer diesen herrlichen Schwindel nicht bemerkt, ist halt selber schuld. Von den kantonalen Umweltämtern ist keinerlei Hilfe zu erwarten. Diese decken dieses Täuschungsmanöver auf Anweisung ihrer politischen Vorgesetzten vollumfänglich.

Der Trick mit den adaptiven Antennen
Dieser lautet, adaptive 5G-Antennen würden lediglich mit einem schwachen Strahl (Beam) nur gerade dorthin strahlen, wo sich das Endgerät, zu Deutsch der User, befinde und daneben herrsche Funkschatten. Das ist völliger Unsinn. Da draussen wartet nicht nur 1 User. Es warten auch nicht nur 2-3 User sondern bis 1200. Und dann drehen alle 64 resp. 81 Beams einer adaptiven Antenne auf full Power auf. Und dann ist das Loch, resp. der Sektor so voll bestrahlt wie noch nie zuvor. Denn da wo bei bisherigen Antennen nur 1 Beam pro Sektor in eine fix eingestellte Richtung strahlte, sind es bei adaptiven 5G-Antennen jetzt deren 64 resp. 81. Immer 8 resp. 9 nebeneinander und 8 resp. 9 übereinander. Und da wird jede Ritze des Sektors gnadenlos ausgeleuchtet.

Nachmessen wird das vorläufig niemand. Denn es fehlen nach wie vor die Vollzugsanweisungen des Bundes, wie sogenannte adaptive 5G-Antennen zu messen und zu berechnen sind. Bei 3G (UMTS) ging es 18Monate bis diese vorlagen. Und bei 4G volle 2 Jahre. Nichts deutet darauf hin, dass es diesmal etwa schneller gehe. Wahrscheinlich redet man dann schon bald von 6G.

Nach der 15.Klage innerhalb von 13 Jahren, dass so etwas wie ein wirksames Sicherheitssystem zur Überwachung der bewilligten Sendeparameter von Mobilfunkantennen nicht existiere, wurden die Bundesrichter jetzt endlich misstrauisch und verlangten vom Bundesamt für Umwelt eine landesweite Überprüfung von etwas was es gar nicht gibt. Nämlich dem ununterbrochenen Datenfluss von den 18’500 Antennenstandorten mit ihren 166’500 Einzelantennen via Steuerzentralen der Mobilfunkbetreiber, bis auf die Bildschirme der kantonalen Umweltämter. Wir dürfen gespannt sein, mit welchen phantasievollen Lösungen das BAFU uns diesmal aufwartet. Vorläufig besteht dieses angeblich hochwirksame System nur aus einem Meldeformular in Postkartengrösse, welches die Mobilfunkbetreiber alle 2 Monate an die kantonalen Umweltämter verschicken und in welchen sie deklarieren sollten, wann, wo und wie lange sie die bewilligten Sendeparameter nicht eingehalten hätten. Urteil Nr: 1C_97/2018 vom 3.September 2019 ab Seite 11.

Die Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation FSM

welche am Bericht der bundesrätlichen Arbeitsgruppe massgebend mitgearbeitet habe, gehört nicht etwa der ETH, wie man laut Ausführungen im Gemeindebrief 3/19 der Swisscom und ASUT meinen könnte, sondern zu 99% den Schweizer Mobilfunkbetreibern, sowie deren Zulieferfirmen und der Swissgrid. Hier wird das in der Forschung verpönte Industriegeld in sauberes Sponsoring einer angeblich privaten Forschungsstiftung gewandelt und neu an verschiedene Forschergruppen verteilt. Doch nicht etwa gewaschen? Das gibt es doch nicht in unserer sauberen Schweiz.

Der Bericht der Arbeitsgruppe widerspricht sich selbst

Auf Seite 41 des Berichtes der Arbeitsgruppe befindet sich eine «herrliche» Grafik, welche aufzeigen soll, wie hoch ein durchschnittlicher Stadt-Zürcher mit Mobilfunkstrahlung belastet sei. Gemäss Balken 1, Belastung zu Hause sind das angeblich nur gerade 0.11V/m und gemäss Balken 4, Belastung Draussen, nur gerade 0.3V/m. Dann sagt uns doch bitte, wofür die dann eine Erhöhung der Grenzwerte auf 20V/m verlangen? Die Mobilfunkbetreiber und ihre Helfershelfer müssen sich jetzt schon langsam entscheiden, mit welcher Variante sie die Bevölkerung täuschen wollen.

In diesem Sinn verbleiben wir mit freundlichen Grüssen,

Hans-U. Jakob (Präsident Gigaherz.ch)


Link zum Bericht der bundesrätlichen Arbeitsgruppe:
https://www.gigaherz.ch/wp-content/uploads/2019/12/Bericht-der-bundesr%C3%A4tlich-verordneten-Arbeitsgruppe.pdf

Von Hans-U. Jakob

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