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Liechtensteinisches Staatsgeheimnis Standortdatenblatt

Liechtensteins Staatsbürger dürfen nach wie vor nicht wissen, wie stark, mit welcher Frequenz und in welche Richtungen ihre Mobilfunksender strahlen.

Hans-U. Jakob, 13.5.2010

Reg_gebaeude_Vaduz.jpgDer Staatsgerichtshof in Vaduz hat am 3.Mai 2010 im Regierungsgebäude (Bild links) getagt und als oberste Instanz entschieden, dass Mobilfunksender weiterhin unter höchstes liechtensteinisches Staatsgeheimnis fallen.

Wer in der Schweiz eine strahlungsarme Wohnung sucht oder ein Haus oder ein Stück Bauland zu erwerben gedenkt, oder sich über den Minderwert seiner Liegenschaft infolge Mobilfunksender in der Nachbarschaft Gedanken macht, kann sich auf der zuständigen Gemeindeverwaltung die Standortdatenblätter, Antennendiagramme und Baupläne eines oder mehrerer Mobilfunksender vorlegen und kopieren lassen. Diese kann er/sie dann einer Fachstelle seiner Wahl zustellen und sich die Strahlenbelastung exakt berechnen lassen. Mit der entsprechenden Software ist das wesentlich genauer, einfacher und billiger als mit Messungen vorort, welche sowieso nur gerade den Momentanwert wiedergeben und erst noch zweifelhafte Hochrechnungen auf den möglichen Maximalwert erfordern.

In der Schweiz sind die Gemeindeverwaltungen verpflichtet, diese Unterlagen zu archivieren und auf Verlangen vorzulegen, zu kopieren und mitzugeben. Dies auch nachdem ein Baubewilligungsverfahren längstens abgeschlossen und die Anlage im Betrieb ist. (Verordnung über das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung vom 24.Mai 2006)

Nicht so in Liechtenstein. Auf 8 Seiten Juristen-Chinesisch macht der Staatsgerichthof den Liechtensteinischen Untertanen klar, weshalb dieses Öffentlichkeitsprinzip für Liechtenstein nicht zur Anwendung gelangen dürfe.

Der Umfang der Begründungen würde diesen Artikel und die Geduld der Leser sprengen. Hier deshalb nur einige Highlights:

 

Die Angst vor Gigaherz geht um

Eine Aussage von Swisscom-Meyer, vom Staatsgerichtshof für bare Münze genommen, lautete:

Eine Aushändigung von Kopien komme nicht in Frage, da diese  über kurz oder lang in falsche Hände geraten würden. Diese könnten innert Kürze in den Besitz der Schweizerischen Vereinigung Gigaherz gelangen, um den Inhalt zu überprüfen. Erfahrungsgemäss würden in der der Schweiz durch Gigaherz die komplexen technischen Daten falsch interpretiert und Swisscom sehe sich dann in aufwändigen Verfahren jeweils gezwungen, diese Falschinformationen richtig zu stellen.

Hoppla: Anzufügen vergessen hat Swisscom-Meyer lediglich, dass bereits Duzende wenn nicht gar Hunderte von Baugesuchen in der Schweiz infolge falsch deklarierter Daten, entdeckt durch Gigaherz, zurückgewiesen wurden. Und anzufügen vergessen hat Swisscom-Meyer, dass Gigaherz die selbe Berechnungs-Software verwendet wie Swisscom. Oh je!

Das Beste kommt aber noch: Mit  jeder Datenweitergabe bestehe das latente Risiko falscher Auslegung und das würde nur zu einer grösseren Verunsicherung der Bevölkerung führen, meint Swisscom-Meyer.

Gaz klarer Fall, dass die Bevölkerung durch die von uns entdeckten Falschdeklarationen verunsichert wird, meint Gigaherz.

Staatsgerichtshof macht Witze

Auch glaubt der Staatsgerichtshof, die Überprüfung von Standortdatenblättern und die Messung von Mobilfunkstrahlung gehöre ausschliesslich in die Hände des Amtes für Kommunikation. Allein dieses sei für den Schutz der Bevölkerung zuständig und sei nicht Aufgabe von Privatpersonen und von privaten Organisationen schon gar nicht. Wie solche Bundesämter den Mobilfunkbetreibern den heissen Käse auf die Teller servieren, davon hat der Staatsgerichtshof offenbar noch nie etwas gehört. Wäre zwar einsehbar gewesen unter /das-bakom-darf-weiterhin-heissen-kaese-servieren/

Das könnte daran liegen, dass man am Staatsgerichtshof lieber (k)alten Käse serviert bekommt.  Etwa denjenigen von dem Swisscom schreibt: Das Interesse der Mobilfunkbetreiber an einer objektiven sachbezogenen Auseinandersetzung mit dem Betrieb von Mobilfunk-Sendeanlagen würde das Interesse gewisser mobilfunkkritischer Kreise überwiegen.

Der Staatsgerichtshof schloss sich diesen Überlegungen an und schützt fortan eine objektive sachbezogene Auseinandersetzung mit den geheim gehaltenen Datenblättern. Super!

Tröstlich für Liechtensteins Bevölkerung ist, dass sie trotz dem nun vorliegenden Urteil weiterhin Einsicht in Baugesuche von Mobilfunksendern nehmen kann, ausgenommen in die für Berechnungen zwingend erforderlichen Standortdatenblätter und Antennendiagramme.  Ja, die interessierten Bürger/Innen dürften sogar einen auswärtigen Fachmann mitbringen um unter Aufsicht des Amtes für Kommunikation die Dossiers zu studieren, ausgenommen natürlich die für die Kontrolle benötigten Daten und Diagramme. So grosszügig ist der Liechtensteinische Staatsgerichtshof dann doch noch! Gigaherzlichen Dank!

Nachdem der Staatsgerichtshof sein korruptes Urteil gesprochen hat, wird in Liechtenstein nur noch der Weg über die Politik offen stehen, ein Gesetz zu zimmern, welches auch den Staatsgerichtshof in die Knie zwingt. Es ist wirklich nicht einzusehen warum einfachste, selbstverständlichste Schweizerische Volksrechte nicht auch in Liechtenstein eingeführt werden sollten. Da ist noch Etliches faul im Fürstentum.



Ein Politiker hat bereits geantwortet:

„Der Frust über die Volksabstimmung vom Dezember 2009 und nun der Entscheid des Staatsgerichtshofes zur Datenblatt-Einsicht sitzen bei mir tief…..Ich mag mich nicht mehr mit diesen verlogenen Typen auseinandersetzen…..“

Ein Weiterer meint:

„Nur etwas Geduld. Da wird sich bald einer finden, der euch eine CD mit den gewünschten Daten zum Kauf anbietet…..“

Weiteres über Liechtenstein unter: /liechtenstein-wirtschaftsmacht-gewinnt-gesundheit-bleibt-auf-der-strecke/ und mit vielen Links unter /liechtenstein-ein-persilschein-fuer-das-bakom/

Von Hans-U. Jakob

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