Tierärztliche Beratung
Die Abteilung Ambulanz und Bestandesmedizin der Universität Zürich hat im Auftrag des BAFU die Meldestelle NUNIS in Betrieb genommen.
Eine Mitteilung von Prof. Dr. med. vet. Michael Hässig
Abteilungsleiter Bestandesmedizin und Ambulanz der Universität Zürich
Ob nichtionisierende Strahlung (NIS), hervorgerufen durch Handy, Mobilfunkantennen, Hochspannungsleitungen, Rundfunksender, sowie Kriechströme (vagabundierende Ströme) Tiere krank machen, wird seit Jahrzehnten immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert und auch wissenschaftlich untersucht.
Es gibt einige Studien, in denen biologische Effekte festgestellt wurden, doch ist die Bedeutung für die Gesundheit des Tieres unbekannt. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) will sich ein Bild über die Anzahl derartiger Fälle in der Schweiz und die Art der Beeinträchtigungen machen und hat zu diesem Zweck die Abteilung Ambulanz und Bestandesmedizin der Universität Zürich beauftragt, eine Meldestelle mit dem Namen NUNIS (Nutztiere und NIS) einzurichten und zu betreiben. Mitbeteiligt sind das BLW (Bundesamt für Landwirtschaft), die ART (Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon), das BVET (Bundesamt für Veterinärwesen) und das ESTI (Eidgenössisches Starkstrominspektorat).
Halter von Nutztieren können nun gesundheitliche Störungen ihrer Tiere melden, wenn sie vermuten, dass diese durch eine NIS-Quelle oder durch vagabundierende Ströme verursacht werden. Dafür steht auf dem Internet ein ausführlicher Fragebogen zur Verfügung. Die eingegangenen Meldungen werden gesammelt und wissenschaftlich ausgewertet.
Ziele der Meldestelle sind:
– Den Landwirten Gehör verschaffen
– Die Häufigkeit und Art der Beeinträchtigungen in Erfahrung bringen
– Potentielle örtliche Häufungen erkennen.
Die Meldestelle wird vorerst ein Jahr betrieben und bei Bedarf weiter geführt.
Link zur Meldestelle: http://www.nunis.uzh.ch
Rückfragen an Prof. Hässig, 044 635 82 60, mhaessig@vetclinics.uzh.ch
Ein Kommentar von Hans-U. Jakob:
Weltweit grosses Aufsehen erregte im Jahr 2007 die Untersuchung von Hässig und Mitarbeitenden an blind geborenen Kälbern, welche einen signifikanten Bezug zur Nähe von Mobilfunksendern ergab. Siehe unter https://www.gigaherz.ch/nukleaere-katarakte-oder-kaelberblindheit/
Seither werden weitere gravierende Schäden an Nutztieren, vermutlich hervorgerufen durch elektromagnetische Einflüsse, beobachtet. Dies nicht nur in der Nähe von Mobilfunksendern, sondern auch durch die alles durchdringenden niederfrequenten Magnetfelder von Freileitungen auf der Mittelspannungs- und Hochspannungsebene.
Mit einer Meldestelle für solche Schadenfälle möchte nun Prof Dr. Michael Hässig der Sache auf den Grund gehen. Dabei bezieht er nebst den Hochspannungsleitungen erfreulicherweise auch noch die sogenannten vagabundierenden Ströme mit ein, die fälschlicherweise oft als Kriechströme bezeichnet werden.
Was ist darunter zu verstehen?
Vagabundierende Ströme haben verschiedenste Ursachen, aber eine gemeinsame Wirkung. Sie erzeugen Magnetfelder.
Am schlimmsten sind die Bahnstromversorgungen. Jeder Stromkreis hat einen Hin- und einen Rückleiter zur Quelle. Die Lokomotive bezieht den Strom von der Fahrleitung. Die Rückleitung geschieht zu 1/3 über die Schienen, zu 1/3 über einen separat am Fahrleitungsmast aufgehängten Rückleiter und zu 1/3 über das Erdreich. Beim letzten Drittel fangen die oft gewaltigen Probleme an. Weil das Erdreich ein nicht besonders guter elektrischer Leiter ist, sucht sich der Rückstrom seinen Weg über alles was besser leitet, wie etwa Wasser- oder Gasleitungen und wird dabei oft in Gebäude, das heisst auch in Ställe hinein verschleppt. Der Messtechniker trifft in der Nähe von Bahnlinien nicht selten starke 16.6Hz Magnetfelder an, die eindeutig vom Bahnstrom stammen. Manchmal sogar auf der Zentralheizung oder in Ställen auf der Selbsttränke.
Ein besonders beliebter Weg nimmt der Rückstrom der Bahn über die Erdleiter zuoberst auf einer 50Hz-Hochspannungsleitung, welche mit der Bahn an und für sich nichts zu tun hat. Von der Schiene über das Erdreich zum geerdeten Hochspannungsmast und über diesen hoch auf das Erdseil. Im Gebiet zwischen einer Bahnlinie und einer Hochspannungsleitung sind ausgeprägte vagabundierende Ströme besonders oft anzutreffen.
Eine andere Art ekliger vagabundierender Ströme stammt von der allgemeinen Stromversorgung. Lange Zeit, bis noch vor 3 Jahren, wurden die Niederspannungs-Drehstromnetze (3Phasen+Nullleiter), vor allem, die Bodenverkabelungen, nur mit dem halben Nulleiterquerschnitt ausgerüstet. Dies in der Annahme, dass das genüge, weil im symmetrisch ausgelasteten Drehstromnetz, der Nulleiter praktisch unbelastet bleibt. Mit der Installation von immer stärkeren Einphasen- (230V) Verbrauchern in den letzten Jahren hat sich das geändert. Es ergeben sich oft Konstellationen von völlig unsymmetrisch belasteten Netzen mit zu hohen Nullleiter- (Rückleiter) Strömen. Wegen dem zu knappen Querschnitt des Nullleiters sucht sich dann auch hier ein Teil des Rückstromes den Weg über das Erdreich. Dann weiter über die Brücke zwischen Nulleiter und Schutzleiter am Einspeisepunkt eines Gebäudes zurück ins Haus und weiter über den Potentialausgleich auf Wasserleitungen und in Ställen auf alle Metallkonstruktionen wie Melkstände, Chromstahl-Futterkrippen und Absperrgitter.
Menschen werden an diesen Metallkonstruktionen nicht elektrisiert. Diese tragen meistens Stiefel und trockene Socken und haben trockene Hände. Kühe aber stehen mit blossen Klauen auf dem nassen, oft verdreckten Boden und stossen mit ihren nassen Schnauzen überall an stromführendes Metall. Kein Wunder dass Kühe oft fast nicht mehr dazu zu bewegen sind, einen Melkstand zu betreten, oder aus einer Chromstahl-Futterkrippe zu fressen. Oft zu beobachten ist, dass Rindviecher gewisse Zonen im oder um das Gebäude konstant meiden.
Dem Starkstrominspektorat sind solche Fälle bestens bekannt. Man versucht jetzt, die Probleme mit speziellen Zusatzerdungen in den Griff zu bekommen. Das wird nicht viel nützen, solange die Hauptursache, nämlich der zu geringe Nullleiterquerschnitt im Stromnetz, nicht behoben ist. Das könnte allerdings landesweit in 3-stelligen Millionenbeträgen enden.
Die Probleme beim Nutzvieh, vermutlich hervorgerufen durch vagabundierende Ströme, werden von Landwirten öfters auch an die NIS-Fachstelle von Gigaherz herangetragen.
Einerseits ist man hier jetzt hoch erfreut, dass diese nun vom veterinärmedizinischen Dienst ernst genommen und untersucht werden.
Andererseits besteht immer noch ein riesengrosses Misstrauen gegenüber den Bundesämtern, vor allem gegenüber dem Bundesamt für Umwelt, welches die Studie finanziert, zugleich jedoch die Interessen der Stromnetzbetreiber in Sachen Erdverlegung von Hochspannungsleitungen weit besser vertritt als deren Duzenden von Staranwälten. Sehen sie dazu nach unter https://www.gigaherz.ch/fehlstart-bei-swissgrid/
Nach reiflicher Überlegung kommen wir jedoch zum Schluss, dass die Teilnahme an der Studie zu empfehlen ist. Besonders weil durch die geschaffene Meldestelle die Anzahl geschädigter Landwirte und Tiere jetzt bekannt wird oder zumindest hochgerechnet werden kann.
Und Prof. Dr. Michael Hässig wird sich bestimmt nicht noch einmal von Gesundbetern ins Handwerk pfuschen lassen, wie seinerzeit bei der Studie über die Kälberblindheit. Siehe unter https://www.gigaherz.ch/neues-von-der-kaelberblindheit/