380kV Chippis-Bickigen – Brief an die Gemeinderäte
Der nachstehende Brief wurde am 1.November 2015 an alle 43 Gemeinden verschickt, welche von der Aufrüstung der Höchstspannungsleitung von Chippis VS nach Bickigen bei Burgdorf BE direkt betroffen sind.
Damit auch private Anstösser von dieser Information profitieren können, stellen wir diese hier öffentlich zur Verfügung. Kopieren und Weitergeben sind ausdrücklich erlaubt und erwünscht.
Die Projektauflage auf den Gemeindeverwaltungen erfolgt demnächst oder läuft bereits. Bitte Amtsanzeiger konsultieren. Gigaherz.ch kann Betroffenen, die sich zur Wehr setzen möchten, beim Verfassen von Einsprachen mithelfen.
Achtung: Einsprachen sind nur während den 30Tagen möglich, anlässlich welchen das Projekt auf den Gemeindeverwaltungen aufliegt.
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Betrifft: Aufrüstung der Höchstspannungsleitung Chippis-Bickigen b. Burgdorf (Gemmileitung) auf 380‘000Volt in Ihrem Gemeindegebiet
Sehr geehrte Damen und Herren
Gemeindepräsidentinnen, Gemeindepräsidenten
Gemeinderätinnen und Gemeinderäte.
Wir wenden uns an Sie als verantwortliche Gesundheitsbehörde in ihrer Gemeinde, weil das obgenannte Projekt nicht der heutigen Rechtslage entspricht und die unmittelbaren Anwohner weiterhin einem massiv erhöhten Krebsrisiko aussetzt, welches mit der vorgesehenen „Sanierung“ nicht behoben wird.
Das Projekt:
Ohne massiven Einsatz von Wasserkraftstrom aus dem Kanton Wallis ist die vorgesehene Energiewende, vor allem die Abschaltung des Atomkraftwerks Mühleberg im Jahre 2019, sowie die spätere Abschaltung weiterer Atomkraftwerke, nicht realisierbar.
Im Kanton Wallis steht für die Eigenversorgung des Landes genügend Wasserkraftstrom zur Verfügung. So kann zum Beispiel das im Bau befindliche Speicherkraftwerk Nant de Drance allein rund 2.4mal mehr leisten als das Atomkraftwerk Mühleberg. Und die Kraftwerke Grand Dixance 5.4mal mehr als Mühleberg. Diese geballte Energiemenge nützt nichts, wenn die Transportwege dazu ins Schweizer Mittelland viel zu knapp geworden sind.
Dass etwas geschehen muss, wird von uns nicht bestritten, wir verlangen jedoch von der Elektrizitätswirtschaft gesundheitsverträgliche Lösungen.
Swissgrid möchte dazu in einem ersten Schritt auf der bestehenden Gemmileitung, welche auch durch Ihr Gemeindegebiet führt, die Spannung von 220Kilovolt auf 380Kilovolt erhöhen.
Dazu ist zu sagen, dass sich die Transportleistung einer Hochspannungsleitung in Megawatt immer mit der Spannung in Kilovolt (kV) multipliziert mit dem Strom in Kiloampère (kA) rechnet. Man hat also die Möglichkeit entweder die Spannung oder den Strom, oder wenn erforderlich beide Grössen, zu erhöhen.
Da bei einer Erhöhung des Stromes dickere (teurere) Seile aufgehängt werden müssen, hat sich Swissgrid dazu entschlossen, vorerst einmal die Spannung von 220kV auf 380kV zu erhöhen und den heute möglichen Strom von 1920 Ampère vorerst bleiben zu lassen.
Die Spannungserhöhung auf 380kV stellt allein keine bekannten gesundheitliche Probleme dar. Die bekannten Gesundheitsprobleme werden nicht durch die elektrischen, sondern durch die magnetischen Felder verursacht. Und die Magnetfelder sind nicht von der Spannung in kV abhängig sondern vom Strom in Ampère oder Kiloampère.
Swissgrid verspricht den Anwohnern, nach Ausführung des 380kV-Projekts den Strom von heute 1920Ampère auf 1500Ampère zu reduzieren. Was wir angesichts der gewaltigen, zu transportierenden Energiemengen für wenig glaubwürdig halten. Eine für rund 2000Ampère konzipierte Leitung mit nur 1500Ampère zu betreiben ist kaum wirtschaftlich und die Erhöhung des Stromes auf 2000Ampère kann später ohne jede Änderung der Leitung nachgeholt werden.
Eine Reduktion des Stromes auf 1500Ampère scheint uns auch deshalb nicht glaubwürdig, weil für einen effizienten Transport der im Wallis produzierten Energie über die Gemmileitung, bei einer Spannung von 380kV, eher 3000 als nur 1500Ampère benötigt würden. Was dann allerdings doppelten Seilquerschnitt oder eine 4-fach, statt eine 2-fach Verseilung zur Folge hätte.
Gesundheitliche Auswirkungen:
Die Masseinheit für das niederfrequente Magnetfeld, wie von Hochspannungsleitungen oder Trafostationen ausgehend, ist das Mikrotesla. Abgekürzt µT.
Zahlreiche wissenschaftliche Studien und Erfahrungswerte deuten darauf hin, dass das Krebsrisiko bereits bei 0.3Mikrotesla auf das 3- bis 4-fache ansteigt. Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche, wo ein stark erhöhtes Leukämierisiko zu beobachten ist.
Eine verharmlosende Diskussion über diese Werte erübrigt sich. Die internationale Krebsagentur der WHO, die IARC, hat anlässlich ihrer Konferenz vom Juni 2001 niederfrequente Magnetfelder ab 0.4Mikrotesla und höher auf Stufe 2B, das heisst, Krebsentstehung möglich, gesetzt. Siehe: IARC MONOGRAPHS ON THE EVALUATION OF CARCINOGENIC RISKS TO HUMANS; Volume 80 (Lyon 2001) 430 Seiten Englisch.
Krebs ist keine eingebildete Krankheit !
Die geltende Rechtslage
Der Grenzwert in der Schweiz beträgt an Orten gemessen, an welchen sich Menschen längerfristig aufhalten, wie in Wohnungen, Arbeits- und Schulräumen, für das von einer Hochspannungsleitung oder einer Trafostation erzeugte Magnetfeld = 1 Mikrotesla.
Siehe Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) Anhang 1, Ziffer.14, gültig seit Februar 2000
Bei einer 2-strängigen Hochspannungsleitung von 1500Ampère (wie Chippis-Bickigen) ist der dazu erforderliche Abstand ca. 45m. Bei 2000Ampàre wären es ca. 60m und bei 3000Ampère ca. 90m.
Eine Dämpfung durch Gebäudewände oder Dächer findet bei niederfrequenten Magnetfeldern nicht statt. Die Abschirmung von Häusern ist teurer als der gesamte Hausbau.
Für Leitungen die vor dem Jahr 2000 erstellt wurden gilt eine sogenannte Besitzstandgarantie. Werden solche Leitungen jedoch massiv geändert oder saniert, gilt auch hier 1 Mikrotesla. Denn das Bundesgericht hat mit Urteil 1C 172/2011 vom 15. November 2011 das blosse Gebot in Art.9 lit. a NISV, dass mit einer Änderung oder Sanierung lediglich keine Verschlimmerung herbei-geführt werden dürfe, aufgehoben. Es soll nicht länger zweierlei Recht gelten.
Swissgrid versucht trotz bundesgerichtlicher Anweisung, eine massive Änderung einer alten Leitung mit unwesentlichen Senkungen des Magnetfeldes durchzubringen.
Es gibt trotz aufwändiger „Sanierung“ auf der gesamten Strecke von 106km immer noch 128 (186) Orte empfindlicher Nutzung (wie Wohnungen, Arbeits- oder Schulräumen) die über 1Mikrotesla zu liegen kommen.
59 mit 1-2 Mikrotesla (72)
64 mit 2-5 Mikrotesla (69)
5 mit 5-10 Mikrotesla (29)
0 mit über 10 Mikrotesla (16)
Diese Angaben stammen aus dem Umweltverträglichkeitsbericht der Firma Sigmaplan. Ob diese verlässlich sind, ist fragwürdig. Denn Sigmaplan steht in einem Auftragsverhältnis zu Swissgrid und ist deshalb nicht als neutral einzustufen. Die Zahlen in Klammern bedeuten die Werte vor der Sanierung
Angesichts des hohen Krebsrisikos ab 0.3-0.4Mikrotesla dürfen wir uns mit dem bescheidenen Resultat, dass 128 Orte empfindlicher Nutzung immer noch massiv über dem amtlichen Grenzwert zu liegen kommen, nicht zufrieden geben. Das betrifft immerhin über 500 schwer gefährdete Menschenleben.
Mehr zum Krebsrisiko findend en Sie hier unter https://www.gigaherz.ch/hochspannungsleitungen-und-krebs-1659/
in einem beweiskräftigen Artikel vom 7.11.2010
Die Sanierung besteht lediglich aus der Erhöhung der Spannung von 220 auf 380 kV, aus einem Seiltausch im Masstab 1:1, Aus der Auswechslung der Isolatoren, aus der Verstärkung der Mastfundamente und lediglich an den 45 Orten mit über 5 Mikrotesla aus einer Erhöhung der Masten um 2-6m, zwecks Minimierung auf 5Mikrotesla.
Minimierung auf 5 Mikrotesla bei einem 3-4fachen Krebsrisiko bereits ab 0.3-0.4 Mikrotesla. Zynischer geht es wohl kaum mehr!
Obige Zahlen betreffend dem Krebsrisiko sind immer mit einem Strom von 1500Ampère gerechnet. Was von uns als unglaubwürdig betrachtet wird, da die verwendeten neuen Seile mit dem Normquerschnitt von 650mm2 in Zweierverseilung, einen Strom von 2240Ampère zulassen. Seilnorm AL1/ST1A nach Euronorm 50182:2001(1)
FAZIT:
Wir verlangen deshalb an allen Orten empfindlicher Nutzung eine Absenkung der Magnetfeldbelastung auf unter 1Mikrotesla, auch wenn diese nur mit einer Verschiebung der Leitung oder mit einer teilweisen Erdverlegung erreicht werden kann.
Falls Sie sich als oberste Gesundheitsbehörde in Ihrer Gemeinde unserer Forderung anschliessen möchten, weil auch in Ihrer Gemeinde die Leitung viel zu nahe an bewohnten Gebäuden vorbeiführt, bitten wir Sie, innerhalb der Auflagefrist des Projekts beim Eidg. Starkstrominspektorat eine Einsprache zu deponieren.
Wir sind Ihnen dabei gerne behilflich. Auch für Orientierungsgespräche oder Orientierungsveranstaltungen.
Mit freundlichen Grüssen,
Hans-U. Jakob, Präsident von Gigaherz.ch
Beilage: Wer ist Gigaherz? (Ausdruck ab Webseite www.gigaherz.ch)
https://www.gigaherz.ch/ueber-uns/
Siehe auch: https://www.gigaherz.ch/380kv-leitung-chippis-bickigen/
und https://www.gigaherz.ch/frauen-power-im-wallis/
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