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Podiumsdiskussion „Mobilfunk, Mensch und Recht“ in Salzburg

Podiumsdiskussion „Mobilfunk, Mensch und Recht“ in Salzburg

Am 16. Dezember 2005 fand am Oesterreichischen Institut für Menschenrechte in Salzburg eine Podiumsdiskussion „Mobilfunk, Mensch und Recht“ statt.
(http://www.sbg.ac.al/oim/pages/mobilfunk.pdf).
Gigaherz war mit 2 Vertreterinnen dabei.
Nun findet man auf http://diepresse.com/textversion-article.aspx?id=527000 einen Bericht über diese Veranstaltung:

19.12.2005 – Business / Rechtspanorama

Gesundheit: Mobilfunk als „heisse Kartoffel“

VON BENEDIKT KOMMENDA

Verwaltung und Justiz scheuen davor zurück, dem zunehmenden Einsatz der Funktechnologie entgegenzutreten, meint Umweltrechtler Ferdinand Kerschner.

SALZBURG. Der letzte Schrei unter den Handy-Accessoires, die zur Zeit als Weihnachtsgeschenke beworben werden, hat Symbolcharakter: ein überdimensional wirkender knallroter Telefonhörer, der mit einem Spiralkabel nach Art der Festnetzapparate aus dem zweiten nachchristlichen Jahrtausend an ein Mobiltelefon angeschlossen wird. Geht es nach dem Willen und den Warnungen mancher Mediziner, sollte man sich verstärkt des guten alten Festnetzes besinnen: Denn die immer weiter verbreitete Funktechnologie berge Risken, deren sich die Benutzer von Schnurlostelefonen, Handys und Funknetzwerken (WLAN) zu wenig bewusst seien.

Unter dieser Prämisse stand die Podiumsdiskussion „Mobilfunk, Mensch und Recht“, die das Österreichische Institut für Menschenrechte (ÖIM) am Freitagabend in Salzburg veranstaltete. Das Ergebnis vorweg: Die rechtlichen Mittel, gegen die angenommenen Gesundheitsgefährdungen vorzugehen, sind äusserst beschränkt.

„Verwaltungsbehörden und Gerichte schieben das Problem wie eine heisse Kartoffel hin und her“, sagte der Linzer Umweltrechtler Univ.-Prof. Ferdinand Kerschner. Niemand wolle die Verantwortung übernehmen – aus einem einfachen Grund, so Kerschner: „Es geht um sehr viel Geld.“

Dabei sind nach Aussagen Gerd Oberfelds, Umweltmediziner des Landes Salzburg, die nachteiligen Wirkungen – von Störungen des Wohlbefindens bis zum erhöhten Krebsrisiko – von Handys, Sendemasten und Heim-Funknetzen vielfach belegt. Oberfeld war auch im Sommer an der Warnung der Ärztekammer vor den Langzeitfolgen von Handy- und Schnurlostelefonie beteiligt – einer Warnung, die von der Mobilfunkindustrie als haltlos zurückgewiesen wurde.

Für Umweltrechtler Kerschner wäre es allerdings an der Zeit, gleichsam die Beweislast umzudrehen und Mobilfunkanlagen nur unter der Bedingung zu genehmigen, dass ihre Ungefährlichkeit nachgewiesen ist. In diesem Sinn habe sich auch der EuGH (C-127/02) für das „Vorsorgeprinzip“ ausgesprochen, als er den Nachweis der Naturverträglichkeit der Herzmuschelfischerei im Wattenmeer verlangte. Was für die Herzmuschel gelte, müsse umso mehr für die menschliche Gesundheit gelten, meinte Kerschner.

Während es den Verwaltungsbehörden bei der Genehmigung von Sendeanlagen verwehrt sei, über Gesundheitsaspekte zu urteilen, bleibe noch die Möglichkeit, den „Belästigungsschutz“ wahrzunehmen. Darüber hätte der Verwaltungsgerichtshof aber noch nicht entschieden, wobei Kerschners Hoffnungen nicht allzu gross sind.

Die ordentlichen Gerichte wiederum würden sich mit der Einhaltung von Grenzwerten begnügen, die nur den „Durchschnittsmenschen“ und nicht auch Kinder, Alte und Kranke berücksichtigten. Deshalb plädiert Kerschner für einen neuen Ansatz: Wenn der Sendekegel eines Handymasts direkt auf ein benachbartes Grundstück gerichtet sei, dann könne man das als „unmittelbare Zuleitung“ sehen, wie sie das ABGB – ursprünglich Abflussrohre und Ähnliches meinend – ohne Einwilligung des Nachbarn „unter allen Umständen“ verbietet. „Man kann mit dem Nachbarn alles vereinbaren“, sagt Kerschner, „aber man muss ihn fragen.“ Vom persönlichen Wohlbefinden abgesehen ist auch der Wert von Liegenschaften in der Nachbarschaft von Antennenmasten beeinträchtigt.

Univ.-Prof. Wolfram Karl, Leiter des ÖIM, und sein Mitarbeiter Eduard Christian Schöpfer bauen indes auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Ansätze sieht Karl in der Strassburger Judikatur zu dem Schutzpflichten des Staates im Zusammenhang mit dem Recht auf Leben und zum Recht auf Privat- und Familienleben. Schöpfer wirft angesichts der Schwierigkeiten bei der Geltendmachung von Abwehrrechten die Frage nach der menschenrechtlich garantierten „wirksamen Beschwerde“ auf.

Nur ein einziges wurde – eher ungewöhnlich in einem Haus, wo die Menschenrechte und also auch die Fairness sehr viel zählen – vergessen: einen Vertreter der Mobilfunker auf das Podium einzuladen, der für die andere Seite das Wort hätte ergreifen können.

Kommentar (Augenzeugenbericht) von Evi Gaigg, Vorstandsmitglied von Gigaherz.ch:
Die Pressemeldung ist unvollständig, denn es gab dazu weitere Referenten mit sehr interessanten Vorträgen. Dass keine Vertreter der Mobilfunkbetreiber eingeladen wurden, bezeichne ich nicht als Manko, denn diese werden doch in schöner Regelmässigkeit an alle anderen Info-Veranstaltungen geladen, jeweils mit dem Vorwand der „Ausgewogenheit“ und meist erst noch in grosser Überzahl. Und dies, obwohl sie ja von vornherein schon am längeren Hebelarm sitzen. Genau auf diese Spezies konnte man leicht verzichten.
Ich erinnere nur an Swisscom CEO???s Carsten Schloter: „Mobiltelefonieren ist ein Menschenrecht“ und Jens Alder: „Das Anschauen eines Fussballspiels auf dem Handy ist ein Menschenrecht.“ Was also hätten diese Leute beitragen können? Ihre Haltung ist ja bestens bekannt.

Was leider negativ auffiel, war eine Dame, die nach ihren eigenen Angaben die österreichischen Mobilfunkkritiker vertreten sollte, aber offenbar sehr eng mit den neuen Abwieglern in der WHO verbandelt ist.
Die Frage stellt sich, wer sie an die WHO delegiert hat. Sicher nicht die zahlreichen Bürgerinitiativen Oesterreichs. Wäre das der Fall, müsste man sie schleunigst abberufen.
Sie hat sich leider derart daneben benommen, während der Vorträge laut im Hintergrund Unterhaltungen geführt (trotz wiederholter Mahnung und Bitte der Moderatorin), so dass die Hörerschaft reklamieren musste. Sie fiel einem Referenten mitten im Vortrag ins Wort, um sich zu verbreiten und aufzuspielen, in geradezu widerlicher Art. Und als Gipfel von allem regte sie sich auf, dass Ärzte und Wissenschafter den WHO-Beauftragten, Dr. Michael Repacholi scharf kritisiert haben. Das Fact-Sheet 296 der WHO vom 5. Dezember 05 trägt Repacholis Handschrift und ist nicht mehr wert, als in den Papierkorb geschmissen zu werden (nachzulesen unter /who-fand-keine-eisbaeren-in-der-wueste/).

Diese Dame, namens Eva Marsalek, hat der Bewegung gegen die Auswüchse des Mobilfunks ganz allgemein einen denkbar schlechten Dienst erwiesen, jenen auf österreichischem Boden im Besonderen. Ihr Auftreten liess eine gute Kinderstube völlig vermissen, war gekennzeichnet durch Arroganz, Selbstgefälligkeit und übersteigerten Geltungsdrang. Es entstand der Eindruck, dass sie die Seiten gewechselt hat, aus welchen Gründen auch immer. Wozu hätten da wohl noch die Mobilfunkbetreiber eingeladen werden sollen? Das Kuckucksei war ja dabei.

Das stand in dem Artikel diepresse.com Wien nicht drin, sollte aber nicht verschwiegen werden.
Ein Bericht über den Verlauf dieser sehr interessanten Podiumsdiskussion wird folgen, sobald es unsere Zeit erlaubt.

Von Hans-U. Jakob

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