Adaptive 5G-Mobilfunkantennen rechtswidrig in Betrieb genommen!
In seinem Entscheid vom 18. Dezember 2023 heisst nun auch Regierungsrat Neuhaus die Beschwerde gegen die Mobilfunkantenne auf der Landi in Büren an der Aare gut. Er weist die Gemeinde an, das Wiederherstellungsverfahren des rechtmässigen Zustandes weiterzuführen. Der Entscheid bestätigt auch, dass die Weisungen an die Berner Gemeinden bezüglich Aufschaltung des Korrekturfaktors (= Sendeleistungserhöhung), rechtlich nicht haltbar sind.
Eine Mitteilung von Daniel Laubscher, Plannetzwerk
Büren an derAare 21.12.23
Dies ist für weitere 386 Antennenstandorte im Kanton Bern entscheidend. Der Infosperber hatte am 15.09.2023 aufgedeckt, dass der Kanton die Gemeinden austrickst. Sunrise muss den Mobilfunkdienst 5G in Büren an der Aare vorerst einstellen und ein nachträgliches Baugesuch bei der Gemeinde einreichen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann weitergezogen werden.
Da das Verwaltungsgericht jedoch bereits über die Aufschaltung der Antenne auf der Landi in seinem Urteil vom 21. August 2023 (100.2021.300U) rechtskräftig in dieser Sache entschieden hat, dürfte ein Weiterzug nichts am Entscheid ändern. Es ist auch nicht mehr bestritten, dass es durch die Sendeleistungserhöhung und andere (adaptive) Antennendiagramme zu zeitlichen und örtlichen Grenzwertüberschreitungen an den OMEN kommen kann.
Bereits 2020 verfügte die Gemeinde Jaberg die Abschaltung einer adaptiven Antenne, welche in der Landwirtschaftszone ohne Baugesuch an einem bestehenden Standort in Betrieb genommen wurde. Die Bau- und Verkehrsdirektion schützte den Entscheid der Gemeinde und wies die Beschwerde von Sunrise dagegen ab. Nun besteht auch Rechtssicherheit bezüglich Bagatellverfahren in Bauzonen. Diese Bewilligungsbefreiungen sind für die Aufschaltung des Korrekturfaktors und damit einhergehender Sendeleistungserhöhung definitiv nicht mehr zulässig. In anderen Kantonen (ZH, SO, SG) ist dies bereits seit längerem so.
Der vorliegende Entscheid sowie die verschiedenen Verwaltungs- gerichtsentscheide zeigen klar und deutlich auf, dass die kantonalen Vollzugsbehörden ihre Aufgaben und Kontrollfunktionen nach eidg. Strahlenschutzverordnung (NISV) nicht oder nur ungenügend wahrnehmen. Das Bundesgericht hat zudem 2019 den Bund und die Kantone zu einer Nachmessung von über 18 Tausend Mobilfunkantennen verpflichtet, da es annehmen muss, dass die Grenzwerte z.T. überschritten werden. Der K-Tipp hat unlängst aufgezeigt, dass rund 20% aller Mobilfunkantennen zu stark strahlen und die Grenzwerte nicht einhalten.
Für Auskünfte steht zur Verfügung: Daniel Laubscher Plannetzwerk; 079 958 08 01
Es ist alles etwas komplizierter als es auf den ersten Blick erscheint.
Ein Blick hinter die Kulissen lohnt sich:
Ein Kommentar von Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
Im Juli 2020 wechselt SUNRISE auf dem Landi-Silo in Büren die 3 Sendeantennen vom Typ Kathrein 742271 gegen 3 Sendeantennen vom Typ HUAWEI AAU5811 aus. Dies mit einer Bagatellbewilligung ohne öffentliche Baupublikation. Die Kathrein Antennen waren älteren Datums und konnten weder adaptiv noch im 5G-3600MHz-Band betrieben werden. Die neuen HUAWEI-Antennen dagegen sind für alle Funkdienste vorgesehen. Für 3G, 4G und das superschnelle 5G-adaptiv.
Am 26.August 2020 erhebt Daniel Laubscher bei der örtlichen Bauverwaltung dagegen Beschwerde mit dem Antrag auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes und auf ein Benützungsverbot, bis ein ordentliches, öffentliches Baubewilligungsverfahren durchgeführt und abgeschlossen sei.
Am 22.Februar 2021 weist die Gemeindeverwaltung Büren aA die Beschwerde vollumfänglich ab, obschon dort von der Mobifunktechnologie niemand eine Ahnung hat. Die vereinigten Regierungsstatthalterämter diktieren das den Gemeinden einfach so, auch wenn man dort noch weniger von Mobilfunk versteht, als in den Gemeinderäten.
Bereits am 26. Februar 2021 erhebt Daniel Laubscher beim Regierungsrat (Bau- und Verkehrsdirektion) Beschwerde gegen den Entscheid der Gemeinde. Dort ist man auch nicht viel klüger und weist auch diese Beschwerde am 24. September 2021, wiederum vollumfänglich ab.
Am 9.Oktober 2021 reicht Daniel Laubscher gegen diesen Entscheid eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern ein. Das Verwaltungsgericht konsultiert das bernische Amt für Umwelt, Abteilung Immissionsschutz, welche an der Rechtmässigkeit des Bagatellverfahrens nicht die geringsten Zweifel aufkommen lässt.
Das Verwaltungsgericht lässt sich nicht blenden und heisst die Beschwerde von Daniel Laubscher gut. Die Sache wird zur Neubeurteilung an den Regierungsrat (BVD) zurückgewiesen.
Diese muss nun die Beschwerde von Daniel Laubscher ernst nehmen und etwas genauer untersuchen lassen.
Der neue Entscheid des Regierungsrates lautet nun etwas differenzierter.
Aus einem 12-Seitigen Juristen-Geschwurbel lässt sich schwer gekürzt, folgendes entnehmen:
Die nachträgliche Anwendung des Korrekturfaktors im Bagatellverfahren ist nur dann nichtig, wenn bereits früher einmal von einer konventionellen Antennenanlage, ohne Möglichkeit eines adaptiven Betriebes, im Bagatellverfahren auf eine Antennenanlage mit neuen Antennenkörpern, welche die Möglichkeit eines späteren adaptiven Betriebes bieten, umgerüstet worden ist. Das ist zwar etwas kompliziert ausgedrückt, entspricht aber dem Verfahren auf der Landi Büren. Was übrigens gesamtschweizerisch dem Normalfall entspricht.
Und dass die nachträgliche Anwendung des Korrekturfaktors nur dann erlaubt ist, wenn die Anlage schon früher in einem normalen Baubewilligungsverfahren mit Antennenkörpern bewilligt wurde, welche für den adaptiven Betrieb vorgesehen sind. Was übrigens selten der Fall ist.
Der Korrekturfaktor wiederum bedeutet, dass die adaptiven 5G-Sendeantennen, je nach Antennentyp, die bewilligte Sendeleistung um das 2.5 bis 10-Fache übersteigen dürfen. Was zeitweise zu Grenzwertüberschreitungen um das 1.6 bis 3.2-Fache führt.
Alles zum Korrekturfaktor finden Sie unter https://www.gigaherz.ch/wp-content/uploads/2022/08/Faktenblatt-2022-1.pdf
In einem Infosperber-Artikel hat ein investigativer Journalist bereits aufgedeckt, dass im Kanton Bern nebst Büren noch 386 genau gleiche Fälle (also Auswechslung einer konventionellen mit einer adaptiven Antenne mit Korrekturfaktor) im Bagatellverfahren rechtswidrig in Betrieb genommen wurden.
Daniel Laubscher sagt, in einer anderen Gemeinde habe Swisscom zugegeben, dass sie bei rund 200 Antennen den Korrekturfaktor aufgrund der NISV Änderung vom 17.12.2021 aufgeschaltet hätten. Heute wissen wir, dass diese NISV-Änderung bundesrechtswidrig ist.
Daniel Laubscher wird die Standortgemeinden auf ihre baurechtliche Verpflichtungen (Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes) freundlich aber bestimmt hinweisen.
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