CEFALO-Studienkritik zum Zweiten
Siehe unter /cefalo-studie/
Ist es für Ihr Kind sicher, ein Mobiltelefon zu benützen?
von Prof. Dr. Magda Havas Trent University, Peterborough, Canada
mhavas@trentu.ca
In einer Übersetzung von Andrea Klinger, 22.8.2011
Professor Dr. Magda Havas (Bild links) ist Dozentin an der Trent Universität. Sie forscht an den Gesundheitsauswirkungen von Mobilfunkstrahlung
Im Journal des Nationalen Krebsinstituts der USA ist kürzlich eine Studie über Mobiltelefone und Hirntumore bei Kindern und Erwachsenen publiziert worden. In der Zusammenfassung erklären die Forscher, dass kein Beweis gefunden wurde für einen kausalen Zusammenhang und dass Mobiltelefone für Kinder von 7 bis 19 Jahren, die „regelmässige Nutzer“ sind, sicher seien. Wie dieser Begriff definiert ist, wird Sie überraschen.
Die meisten Eltern, die sich Gedanken darüber machen, ob sie ihrem Kind ein Mobiltelefon kaufen sollen, werden erleichtert sein, wenn sie das Ergebnis der Studie lesen. Allerdings ist diese Reaktion nicht gerechtfertigt.
Aydin, et al.
Mobile Phone Use and Brain Tumors in Children and Adolescents: A Multicenter Case-Control Study – J Natl Cancer Inst 2011;103:1–13
Mobiltelefongebrauch und Hirntumore bei Kindern und Erwachsenen: Eine multizentrische Fallkontroll-Studie
Korrespondenz an: Prof. Martin Röösli, Abteilung für Epidemiologie und Volksgesundheit, Schweizerisches Institut für Tropenmedizin und Volksgesundheit, Socinstrasse 57, Postfach, 4002 Basel, Schweiz (e-mail: martin.roosli@unibas.ch)
Lasst uns untersuchen, was die Röösli-Studie wirklich aussagt:
Klicken Sie auf
http://www.oxfordjournals.org/our_journals/jnci/press_releases/rooslidjr244.pdf für das PDF der Studie.
Wenn Sie nach der Zusammenfassung weiterlesen und die Daten im Hauptdokument untersuchen, werden Sie zu anderen Ergebnissen kommen als jene, die in der Kurzfassung präsentiert werden. Unglücklicherweise lesen auch die meisten Journalisten das Hauptdokument nie, dieses kann sehr komplex sein und schwierig zu verstehen. Weil ich solche Komplexität gewohnt bin, möchte ich zusammenfassen, was die Forscher im Hauptdokument zwar berichteten, in der Zusammenfassung aber nicht erwähnten.
Diese Studie hat Personen als regelmässige Nutzer von Mobiltelefonen eingestuft, die ein Mobiltelefon mindestens einmal pro Woche und mindestens seit sechs Monaten benutzten. Sechs Monate sind eine kurze Periode – besonders um Tumore zu entdecken, die ja Jahre brauchen um sich zu entwickeln. Alltäglicher Mobiltelefongebrauch ist heutzutage einmal pro Tag, oder einmal pro Stunde, nicht nur einmal pro Woche. Weil diese Einmal-pro-Woche-Definition für „regelmässige Nutzer“ gebraucht wurde, haben die Studiendaten zu einem „Kein-Effekt“-Resultat geführt, welches die Forscher in der Zusammenfassung präsentieren.
Wie auch immer, dort, wo die Forscher ihre Daten mit anderen Nutzer-Gruppierungen analysierten, haben sie im Hauptdokument folgende Resultate ausgewiesen (nicht in der Zusammenfassung):
1) Kinder und Erwachsene, die ein Mobiltelefon benutzen, haben ein erhöhtes Risiko, einen Tumor auf der Seite des Kopfes zu entwickeln und ein reduziertes Risiko, einen Tumor in der Mitte des Kopfes zu entwickeln.
2) Basierend auf den Belegen ihrer Mobiltelefonanbieter: wenn Ihr Kind sein Telefon mehr als 2.8 Jahre benutzte, steigt seine Chance einen Hirntumor zu entwickeln um 115%.
3) Je länger der Vertrag Ihres Kindes läuft, desto grösser ist sein Risiko für einen Tumor auf der Seite des Kopfes. Für Mobiltelefonverträge über 4 Jahren liegt das erhöhte Risiko zwischen 274% und 300%.
4) Für solche, deren „Zeit des ersten Gebrauchs“ zwischen 3.3 und 5.0 Jahren liegt, erhöht sich das Hirntumorrisiko um 227%. Diese Zeit ist viel kürzer als für Erwachsene (nach 10 Jahren Gebrauch).
5) Je mehr Zeit Ihr Kind mit telefonieren verbringt, desto grösser ist sein Risiko, einen Tumor auf der Seite des Kopfes zu entwickeln. Nach über 144 Stunden erhöht sich das Risiko auf 519% (Gemäss einer anderen Studie liegt die kritische Zeit für Erwachsene bei 1640 Stunden).
6) Je mehr Anrufe getätigt werden, desto grösser ist das Risiko für seitliche Tumore – mehr als 2638 Anrufe erhöhen das Risiko um 191% auf 482%.
Ich komme zum Schluss, dass das erhöhte Risiko für Hirntumore, wie sie in dieser Studie präsentiert werden, ernst genommen werden muss, weil immer mehr junge Leute ein Mobiltelefon benutzen und je länger sie es gebrauchen, umso grösser ist ihr Risiko einen Hirntumor zu entwickeln.
Die Wahrheit ist aus der Zusammenfassung dieses Dokuments nicht ersichtlich.
Vielleicht um eine Massenpanik und Gerichtsverfahren zu vermeiden. Eltern, Ihr sollt das wissen, bevor Ihr eurem Kind ein Mobiltelefon erlaubt. Und bevor Ihr ihm ein Handy gebt, instruiert es, wie es dieses so sicher wie möglich gebraucht. Hier sind einige Empfehlungen:
1) Wie in der Studie beschrieben (die teilweise von der Mobilfunkindustrie unterstützt wurde), sollten Sie Ihr Mobiltelefon nur für wichtige Anrufe benutzen, mit dem Ziel: höchstens ein Anruf pro Woche.
2) Halten Sie ihr Handy nicht an Ihren Kopf. Benutzen Sie es im Lautsprechermodus, freihändig. Freihändig bedeutet: berühren Sie das Telefon nicht, legen Sie es zum Sprechen auf den Tisch.
3) Wenn Sie Privatsphäre brauchen, benutzen Sie ein Headset mit Kabel oder einen Bluetooth-Kopfhörer.
4) Bewahren Sie Ihr Handy nirgends an Ihrem Körper auf (nicht in der Tasche, und nicht im BH) weil es alle paar Minuten einen Schwall Mikrowellen aussendet um mit der Basisstation in Kontakt zu bleiben und zu melden, wo sich Ihr Handy befindet.
5) Schlafen Sie nicht mit Ihrem Mobiltelefon. Während dem Schlafen soll sich der Körper regenerieren können und braucht darum eine saubere Umgebung.
6) Schreiben Sie SMS anstatt mit dem Handy telefonieren.
7) Gebrauchen Sie Ihr Mobiltelefon nicht, wenn es eine schlechte Verbindung anzeigt, denn dann strahlt das Handy mit erhöhten Werten um die weit entfernte Basisstation zu erreichen.
8) Halten Sie Ihr Mobiltelefon im Flugzeug-Modus. Gebrauchen Sie das Handy als Telefonbeantworter und rufen Sie wenn möglich erst zurück, wenn Sie ein Telefon mit Festnetz zur Verfügung haben.
9) Benützten Sie Ihr Mobiltelefon nicht im Auto oder im Zug oder einem ähnlichen Ort, wo Sie mit Metall umgeben sind, weil dieses die Strahlung reflektiert und Ihre Belastung erhöht.
10) Besorgen Sie sich ein Mobiltelefon der 3. Generation (3G), dieses generiert weniger Strahlung wenn es sich nahe einer passenden Basisstation befindet. Diese 3G-Telefone stellen sich selber so ein, dass sie mit der kleinstmöglichen Energie senden um die Verbindung herzustellen.
Das Leben ist voll von Risiken. Wie Sie und Ihre Kinder ein Mobiltelefon benutzen, ist eines der kontrollierbaren Risiken.
Mehr Informationen finden Sie auf : http://www.magdahavas.com/2011/08/15/adolescent-brain-tumours-and-mobile-phones/
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