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Das fängt ja gut an

Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern gewichtet das Interesse an einem ungeschmälerten Spielvergnügen der Bahnpassagiere höher als die ungeschmälerte Erhaltung des Naturschutzgebietes BLN 1314 (Auenlandschaft entlang der Aare)

von Hans-U. Jakob
Schwarzenburg, 14.1.2016

Ein 9km langer strahlender Zaun und die dazugehörenden 16 Antennenmaste zwischen Münsingen und Uttigen, entlang der Bahnlinie Bern-Münsingen-Thun) dürfen jetzt nach 2 Jahren juristischem Geplänkel erstellt werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil 100.2016.189U am 8. Januar dieses Jahres.


Weil in den Zügen zwischen Münsingen und Uttigen manchmal für einige Sekunden (beim Handover) die handysüchtigen Bahnreisenden Mattscheibe hatten, wollte die Swisscom entlang der Bahnlinie einen strahlenden Zaun erstellen.
Ein strahlendes Kabel soll einseitig entlang den Bahngeleisen auf 1 bis 1.5m über Boden, an Pfosten im Abstand von 5m aufgehängt werden. Das strahlende Kabel ist vom Typ Leaky-Feeder-Kabel
Dieses erhält alle 550m zwecks Aufrechterhaltung der Strahlungsleistung einen Verstärker. Diese 550m bilden dann eine sogenannte Funkzelle. Wir haben es also praktisch mit flach liegenden Antennen in der Länge von 550m und 1-1.5m über Boden zu tun.
An den Bahnhöfen, Bahnübergängen soll das strahlende Kabel durch Antennenmaste ersetzt werden. Und im Naturschutzgebiet durch einen sogenannten Antennenkorridor. Näheres dazu unter:
https://www.gigaherz.ch/swisscom-plant-strahlende-zaeune/

Dagegen erhob der Verein Gigaherz.ch am 11.Aug. 2015 beim Regierungsstatthalter von Thun Einsprache. Als dies nichts nützte erfolgte am 1.März 2016 eine Beschwerde bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern und als auch diese nicht fruchtete, am 27. Juni 2016 eine Verwaltungsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern.

Beim Verwaltungsgericht: Verweigerung des rechtlichen Gehörs bis Amtsmissbrauch

Wie bereits die Vorinstanzen, wollte auch das Verwaltungsgericht partout kein neutrales Gutachten darüber einholen, ob die von der Swisscom angegebene Sendeleistung von weniger als 5Watt ERP pro Funkzelle von 550m Zaunlänge überhaupt ausreichen, um in Züge einzudringen, die mit Tempo 160 vorbeibrausen. Swisscom sprach selber von einem Millionstel dieser 5 Watt ERP pro Sendepunkt (im Zaun). Also von 0.000 005Watt ERP.

Bei Gigaherz.ch befand man das als arglistigen Täuschungsversuch, zwecks Erschleichung einer Baubewilligung. Nicht zuletzt deshalb, weil die Swisscom-Anwälte behaupteten, die Sendeleistung würde vom sogenannten Qualitätssicherungssystem überwacht, wodurch ein Übersteuern der bewilligten Sendeleistung verunmöglicht würde.
Das Verwaltungsgericht mochte die von Gigaherz.ch vorgebrachten Beweismittel, dass ein solches System gar nicht existiert, mit keiner Silbe würdigen. Auch die Tatsache nicht, dass weder ein Verwaltungsrichter, noch je ein Bundesrichter dieses System je hat funktionieren sehen und dass diese alles immer nur vom Hörensagen beurteilen.  Vom Hörensagen von einem sogenannten Kompetenzzentrum ASEB-Ecosens, welches wirtschaftlich vollständig von den Mobilfunkbetreibern abhäng ist und deren Beurteilung etwa so viel wert ist, als hätten diese die Mobilfunkbetreiber gleich selber geschrieben.
https://www.gigaherz.ch/sie-luegen-bis-zum-bitteren-ende/

Nicht einmal den Untersuchungsbericht des Kantons Schwyz, wonach 57% der untersuchten Mobilfunkanlagen ausserhalb der bewilligten Parameter liefen, wollte sich das Verwaltungsgericht beschaffen. Eine Unterlassung die nun wirklich mit Amtsmissbrauch vergleichbar ist.
Ein Brief nach Schwyz mit 2 Zeilen hätte genügt, um den Bericht den man Gigaherz seit einem Jahr konsequent verweigert, nach Bern kommen zu lassen. (!)
https://www.gigaherz.ch/57-out-of-limits/

Naturschutzgebiet: Grenzwerte gelten nur für Menschen
Immerhin hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die in der Verordnung des Bundesrates über nichtionisierende Strahlung (NISV)  festgeschriebenen Anlagegrenzwerte nur für Menschen gedacht seien und dass man für den Schutz für Pflanzen, Reptilien und Kleintiere in einem Naturschutzgebiet auf das Umweltschutzgesetz  (USG) zurückgreifen müsse und dass dies im Einzelfall zu beurteilen sei.

Die von Gigaherz.ch vorgelegten Studien über Baum- und Pflanzenschäden von Dr. Ing. Volker Schorpp und Dr. med. C. Waldmann-Selsam kehrte das Verwaltungsgericht kurzerhand mit der lapidaren Bemerkung unter den Tisch, die Verfasser der Studien hätten ja selber darauf hingewiesen, dass weitere wissenschaftliche Forschung dazu nötig sei.
Aus diesem Schlusssatz, der in allen wissenschaftlichen Studien auf der ganzen Welt zu lesen ist, folgerte dann das Verwaltungsgericht dass  man aus solchen Studien auch keine Schlüsse ziehen könne.

Auf weitaus mehr Begeisterung stiess bei den Verwaltungsrichtern die Behauptungen der Swisscom Anwälte, dass wenn bei den Brieftauben, an welchen Ende der 80er Jahre beim ehemaligen Kurzwellensender Schwarzenburg geforscht wurde, keine nachteilige Beeinflussung des Orientierungsvermögens festgestellt worden sei, auch keine Schäden an seltenen Pflanzen und Kleinlebewesen zu erwarten seien.  Juristenlogik eben.

Solches Treiben sorgt nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch  in der Wissenschaft für grosse Erheiterung bis helle Empörung und lässt das Vertrauen in die Justiz schlagartig verschwinden.
Abgesehen davon, dass die Brieftaubenstudie zu berichten weiss, dass die beim Kurzwellensender Schwarzenburg beheimateten Brieftauben stets mit 24-36 Stunden Verspätung und in einem erbärmlichen Zustand im Heimschlag ankamen. Die Tauben die normalerweise eine Reiseflughöhe von 300 bis 600m über Grund einhalten, mussten zuerst die ausgedehnten Strahlenkeulen des Kurzwellensenders in einer Höhe von nur 3-6m über Grund unterfliegen um in Umwegen nach Hause zu finden.

Verantwortliche Verwaltungsrichter:
Robert Burkhard, Michel Daum, Peter Keller

Von Hans-U. Jakob

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