Die Hemberg-Story
Immer wenn endlich Gras über eine Sache gewachsen ist, kommt so ein Esel und frisst es wieder weg. Eine Story die vor 18 Jahren tatsächlich passiert ist. Das Wunder von Hemberg.
Hansueli Jakob erinnert sich auch am 17. August 2024 noch ganz genau daran. Die Geschichte ist zu schön um in Vergessenheit zu geraten.
Hemberg liegt im St.Galler Hochland ziemlich nahe am Kanton Appenzell und vielleicht etwas zu stark unter dem Einfluss von dessen etwas zu vielen abergläubischen Einwohnern.
Als im Jahr 2006 im dortigen Kirchturm eine mobilfunk-Sendeanlage eingebaut wurde, damals noch 2G (GSM) begannen zahlreiche Anwohnende unter starken gesundheitlichen Problemen zu klagen. Das hatte indessen noch nichts mit Aberglaube zu tun, sondern war real und erklärbar. Entlang der Dorfstrasse betrug die elektrische Feldstärke nämlich 3.6V/m. Sowohl von Swisscom berechnet wie von mir gemessen. Von Betroffenen wurde unter andern auch die damalige Ombudsstelle der Schweizer Mobilfunkbetreiber unter der Leitung von Ständerätin Erika Forster angerufen.
Wer wen alarmiert hat ist nicht bekannt. Was bekannt ist, ist dass Frau Ständerätin Erika Forster eines Tages im silbergrauen Jaguar in Hemberg vorfuhr in Begleitung eines sogenannten Strahlenarztes Dr. Ibrahim Karim, um die aufgebrachte Anwohnerschaft zu beruhigen. Der Haken dabei war allerdings, dass Ibrahim wohl einen Doktortitel besass, aber gar kein Arzt, sondern ein Doktor der Architektur war und offensichtlich über hypnotische Fähigkeiten verfügte. Anders ist kaum erklärbar, dass eine Dorfschaft zu 95% inklusive einer Schweizer Ständerätin auf diesen gerissenen Scharlatan hereinfiel.
Er und Ständerätin versprachen anlässlich einer Informationsveranstaltung nämlich, die Ortschaft jetzt mit den mitgebrachten Kunstglasfigürchen zu harmonisieren. Die Ombudsstelle und Ibrahim Karim spendierten den Anwesenden grosszügig je eines dieser Figürchen, mit dem Rat dieses auf den Fenstersims ihres Schlafzimmerfensters zu stellen, dann sei der Spuk vorbei. Zu haben waren die Figürchen allerdings nur zusammen mit einem langen Handschlag und tief in die Augen schauen von Ibrahim. Was von mir auf eine Art Hypnose schliessen lässt.
Bild oben: Original Karim-Plexiglasfigur zur Harmonisierung von Mobilfunkstrahlung. Wichtig: Ganz oben ein abschraubbares Zäpfchen zum Verschluss einer kleinen Öffnung zur Aufnahme von 2 Sandkörnchen von den Pyramiden von Gizeh, die alle 6 Monate erneuert werden müssen. Update by Ibrahim.
Der Zauber von Ibrahim wirkte dann nicht ganz überall.
Aber dieser wusste sofort was zu tun war. Um diese Reststrahlung auch noch zu beseitigen, befestigte Ibrahim an den Kabeln, die vom Apparateschrank unten im Kirchturm nach oben zu den Antennen führten eine CD, die er vorher mit klassischer Musik bespielt habe. Jetzt sei alles in Ordnung.
Weil ein ungläubiger Angehöriger der freiwilligen Feuerwehr das Wunder für uns bereits fotografiert hatte, wurde ihm von der Gemeindeverwaltung kurzerhand der Schlüssel zum Kirchturm weggenommen.
Jetzt ging ein Ruhmesgeschwurbel los.
Die ostschweizer Tagespresse überschlug sich vor Lob über den ägyptischen Strahlenarzt, der ein ganzes Dorf von seinen Leiden erlöst habe.
Wie erneute Kontrollmessungen meinerseits ergaben, war die Strahlung in der Dorfstrasse tatsächlich dauerhaft von 3.6V/m auf 0.8V/m abgesunken. Aber das Wunder hatte einen ganz andern Grund. Swisscom hatte den Auftrag erhalten, Frau Ständerätin irgendwie vor dem lauten Gelächter der Nation zu schützen. Sie taten das auf ganz einfache Weise, indem sie den vertikalen Abstrahlwinkel der Sendeantenne in Richtung Dorf um 2° anhoben. Was von der Zentrale aus ferngesteuert erfolgen kann und im Antennendiagramm eine Strahlungsreduktion von 13 dB oder Faktor 20 zur Folge hat . Faktor 20 in Watt pro m2 entspricht dann einem Faktor 4.5 in V/m. Und 3.6/4.5 sind dann die verbliebenen 0.8V/m. Was zum telefonieren immer noch ganz feudal ausreicht.
Nun war die Ehre von Frau Ständerätin gerettet und der Scharlatan hiess nicht Ibrahim Karim, sondern Hansueli Jakob.
Das Cabaret war noch nicht zu Ende.
Tief beeindruckt von Ibrahims Erfolg im Nachbarkanton erteilte die Regierung des Kantons Appenzell IR dem Ibrahim Karim den Auftrag, für sfr. 20’000 den ganzen Kanton zu harmonisieren.
Auf dem ganzen Gebiet des Zwergstaates wurden komische Holzgehäuse, änhnich von Nistkästen für mittlere Vägel (Stare und Meisen) aufgestellt, mit Inhalt einer Karim’schen Plexiglasfigur.
Das war für Gigaherz Grund genug, gegen die Appenzeller Regierung wegen Verschleuderung von Steuergeldern öffentlich anzuklagen. Das Schweizer Fernsehen begann sich für den Fall zu interessieren. Wer dann zur Vernunft gekommen ist, lässt sich nicht genau sagen.
Der ganze Zauber endete mit einem Vergleich.
Diese lautete: Der ägyptische Zauberer Ibrahim schenkte sein ganzes Honorar von Fr. 20’000, das er zum Voraus erhalten hatte (!) einem Kinderheim für behinderte Kinder. (Welches der Kanton ohnehin hätte unterstützen müssen.) Somit wurde aus dem Strahlenarzt auch noch ein Wohltäter. Die Ehre der Inerrödler Regierung war gerettet und erst recht diejenige von Frau Ständerätin. Und der Bösewicht der andauernd die Harmonie im Zwergstaat Appenzell IR störte, war einmal mehr der Hansueli Jakob.
Ein Appenzeller hatte doch noch den Durchblick. Nämlich der Leiter des Kinderheims, welches zu diesem unerwarteten Geldsegen kam. Er hat sich nämlich ganz herzlich bedankt. Nicht bei Ibrahim, sondern bei Hansueli.
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