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Die Schweizer Luft dem Meistbietenden

Versteigerung von freiwerdenden und neuen Mobilfunkfrequenzen erfolgt im ersten Quartal 2012

von Hans-U. Jakob, 26.7.2011




Hammer.jpgDie ursprünglich noch vor den Sommerferien 2011 vorgesehene Versteigerung von frei werdenden und neuen Mobilfunkfrequenzen wurde infolge heftiger Kritik der bestehenden Konzessionsinhaber von der COMCOM (eidgenössische Kommunikationskomission und Schattenbundesrat) nun definitiv in das erste Quartal  2011 verschoben.

Neu an dieser Versteigerung ist, dass die Mobilfunkbetreiber ihre Konzessionen sogenannt frequenzneutral ersteigern können. Das heisst sie können mit den ersteigerten Frequenzblöcken machen was sie wollen.

Ob sie diese weiterhin mit der alten GSM-Technologie, mit UMTS oder mit der neuen 4. Generation LTE betreiben wollen, bleibt ihnen allein überlassen. Auch das bereits einmal „abverheite“ WIMAX kommt wieder ins Rennen. Die Anwohner/Innen einer Basisstation dürfen demnach nicht mehr erfahren mit welcher Technologie, das heisst, mit welcher Pulsung oder Modulation die Antenne auf dem Nachbardach betrieben wird. Damit erhofft man sich in Betreiber- und Amtskreisen einen starken Rückgang der Einsprachetätigkeit.

Sehr begehrt werden dürften die frei werdenden Frequenzblöcke aus dem abgebrochenen Analog-Fernsehen im 800MHz-Bereich. Das heisst von 790 bis 862MHz. Da diese Frequenzen die grössten Wellenlängen des Mobilfunkbereichs aufweisen (35-38cm) überwinden diese die Hausmauern, Fenster und Decken von Wohnungen mit dem geringsten Dämpfungsverlust. Wer diese Frequenzen hat, ist der King im Äther.

Der Schattenbundesrat, genannt  COMCOM will alles auf einen Aufwasch erledigen.

Obschon die bestehenden Lizenzverträge für GSM erst Ende 2013 und für UMTS erst Ende 2016 auslaufen, soll alles auf einen „Tätsch“ verquantet werden und dann bis 2028 gültig bleiben.  Bewerbungen für alle Frequenzblöcke zwischen 860 und 2600MHz müssen bis Ende September 2011 eingereicht werden. Wer sich um einen Frequenzblock bewirbt, muss diesen dann auch bewirtschaften. Damit nicht ein einzelner finanzkräftiger Bewerber alle Frequenzblöcke ersteigern kann, um die Andern aus dem Markt zu werfen, bleibt ein Erwerb auf 50% beschränkt. Die andern 3 dürfen sich dann den Rest des Kuchens unter sich aufteilen.

Interessant ist, dass plötzlich neben Swisscom, Sunrise und Orange ein 4. Konzessionär nämlich In&Phone, wie aus dem Nichts aufgetaucht ist.

Und noch schöner: Die Bieter müssen nur Bankgarantien von 50% ihres Gebotes erbringen. Das kann ja heiter werden! Steigern ohne eigenes Geld! Griechenland lässt grüssen.

Wenn der Stör zu laichen beginnt

Italien will vorläufig das 800MHz-Band weiterhin für das analoge Fernsehen nutzen und nicht für Mobilfunk freigeben. Das heisst, dass ein Schweizer Mobilfunkbetreiber eine 800MHz-Konzession im Kanton Tessin wegen Störungen durch italienische Fernsehstationen noch etliche Jahre gar nicht nutzen könnte. Ein ähnliches  Schicksal droht einem Konzessionsnehmer im Oberwallis und im Graubünden, da dort etliche 800MHz-Frequenzen bis Ende 2013 noch durch digitale Fernsehkanäle belegt sind.

Und wer im 2600MHz-Band Mobilfunk betreiben will, muss im Bereich des Flugsicherungsradars der Flughäfen Zürich und Genf mit starken Störimpulsen rechnen. Wie sich das umgekehrt verhält, nämlich Störung des Flugsicherungsradars durch Mobilfunk, steht noch in den Sternen. Oder vielleicht einmal in den Unfallstatistiken?

Im Falle von Neuzuteilungen im  2100MHz-Band wird mit Konflikten gegen ausländische Mobilfunkbetreiber in den Zipfeln von Basel und Genf gerechnet.

Rechtsicherheit bis 2028

Der Schattenbundesrat, genannt COMCOM will mit diesem Vorprellen in Sachen kompletter Neuvergabe von Frequenzen, für die Mobilfunker und ihre Investoren sofortige Rechtssicherheit bis ins Jahr 2028 schaffen. Das heisst, alles was mit Mobilfunk zusammenhängt, bis dahin unverrückbar einbetonieren. Selbstverständlich auch alle sicherheitsrelevanten Auflagen, wie etwa den Gesundheitsschutz.

Der Staat kann ja nicht Milliardenbeträge an Konzessionsgeldern kassieren und im Nachhinein den Konzessionären mit neuen gesundheitlichen Auflagen das Geschäft vermiesen.

Der Nationalfonds spielt weiterhin mit

Um die Versteigerung von milliardenschweren Mobilfunkkonzessionen nicht zu stören, das heisst, das Volk ruhig zu halten, verweigert der Schweizerische Nationalfonds nach wie vor stur jegliche Einsichtnahme in die Originaldokumente aus dem Mobilfunkforschungsprogramm NFP-57, welches mit 5Millionen Franken an Steuergeldern finanziert worden war.

Siehe unter /nfp57-die-geheimniskraemerei-geht-weiter/

Der Nationalfonds verweist auch gegenüber dem Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten weiterhin stur auf den von der industrielastigen Leitungsgruppe verfassten, verharmlosenden Synthesebericht und behauptet, die Originalarbeiten müssten zuerst von einer wissenschaftlichen Zeitschrift angenommen und deren Wissenschaftsräte begutachtet werden, was erfahrungsgemäss bis zu 8 Jahren dauern kann.

Diese Verweigerung geht neu auch aus einem Antwortschreiben des Nationalfonds vom 15. Juli 2011 mit aller Deutlichkeit hervor.

Solche Fristen kommen natürlich, sowohl dem Schattenbundesrat, genannt COMCOM, als auch der Mobilfunkindustrie höchst gelegen.

Siehe auch /nfp-57-die-oeffentliche-informationsveranstaltung/ und /nfp57-mobilfunk-strahlungsmessung-mit-dem-zufallsgenerator/

Anmerkung:

Die eidgenössische Kommunikationskommission ist im eidgenössischen Organigram an der Spitze neben dem Bundesrat angebracht und ist niemandem gegenüber weisungsgebunden. Weder dem Bundesrat noch den eidg. Räten. So etwas hat es in der Geschichte der Eidgenossenschaft noch nie gegeben.

Von Hans-U. Jakob

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