Episoden aus der Freiburger Justitz
Aus aktuellem Anlass – weil die Freiburger Justitz heute erneut vor dem Zusammenbruch der Rechtsstaatlichkeit steht – erinnert sich Hansueli Jakob als ehemaliger Präsident von Gigaherz mit Schmunzeln an die grotesken Ereignisse im deutschsprachigen Teil des Kantons Freiburg von Januar bis April 2008. Was da vor gut 16 Jahren ablief und heute noch Stoff für eine abendfüllende Cabaret-Nummer bietet, war damals für die Betroffenen allerdings weniger lustig.
Von Hansueli Jakob
Lanzenhäusern, 24.Oktober 2021
Schon um 6 Uhr morgens, am Samstag des 18.Januars 2008, verkündete Radio DRS in den Frühnachrichten an erster Stelle, in der Sendeanlage Tentlingen im Freiburger Sensebezirk seien die UKW-Radio und Mobilfunksender infolge eines Brandanschlages ausgefallen.
Wie sich herausstellen sollte, eine von Swisscom inszenierte Falschmeldung zwecks Hetze gegen die Verfasser der damals schon unzähligen Einsprachen gegen den Bau von Mobilfunksendern. Die Sendeanlage Tentlingen war zwar tatsächlich ausgefallen, aber absolut nicht wegen einem Brandanschlag, sondern wegen durchgescheuerten Koax-Kabeln, die vom Apparategebäude aus auf den Sendemast führten. Durchgescheuert infolge liederlich ausgeführter Installation, so dass die nur ungenügend befestigten Kabel in dieser Sturmnacht im orkanartigen Wind ins Pendeln gerieten und sich an der scharfen Kante eines Blechkanals durchscheuern konnten.
Aber erzählen sie das mal einem völlig voreingenommenen, jungen Untersuchungsrichter, welcher nichts anderes glaubt, als es hier mit einer Bande von Terroristen zu tun zu haben, die ihm nun das Sprungbrett zu einer glänzenden Karriere liefern würden.
Bild links: Die Sendeanlage Tentlingen im Januar 2008
Bild rechts: Mastfuss mit Fundament. Auf halber Bildhöhe der Kabelkanal, welcher waagrecht in das Apparategebäude hineinführt. Der gelbe Punkt markiert den Brandherd, welcher infolge durchgescheuerten Koax-Kabeln entstanden ist . Hier soll jedoch laut dem Untersuchungsrichter, in einer regengepeitschten Sturmnacht bei eisigem Schneetreiben ein Mobilfunkkritiker mit einer mitgebrachten Leiter 3.5m hochgestiegen und mit einem Feuerzeug die Koax-Kabel angezündet haben.(?)
Untersuchungsrichter Julmi, später Oberstaatsanwalt, holte noch in der Nacht die Oberamtmänner des deutschsprachigen Kantonsteils aus ihren Betten und hiess sie, ihm Listen aller gegenwärtigen und verflossener Einsprecher und Einsprecherinnen zu übermitteln.
Weil im deutschsprachigen Kantonsteil die Polizisten mit Strassenverkehrsproblemen infolge der nächtlichen Sturmschäden beschäftigt waren, liess Julmi an diesem Samstagvormittag die von den Oberamtmännern gemeldeten Einsprechenden von französischsprechenden Polizisten in verschiedenen Turnhallen des Sensebezitks zusammentreiben und verhören. Was zu filmreifen tumultartigen Szenen geführt haben soll.
Die Einsprechende hatten keine Ahnung weswegen sie verdächtigt wurden und die Polizisten waren nicht in der Lage ihnen das in deutscher Sprache auseinanderzusetzen. Es sollen recht wüste Worte hin und her geflogen sein, bis die grösste, je im Kanton stattgefundene Verhaftungswelle noch gleichentags ohne Resultat in einem hysterischen Sprachengewirr endete.
So schnell gab Julmi nicht auf. Noch bis Mitte April wurden auf seine Anordnung hin Hausdurchsuchungen durchgeführt und Leute zum Verhör vorgeladen.
Weil die These vom Brandanschlag auf unsere Interventionen hin nicht mehr länger haltbar war – welcher noch so abgebrühte Saboteur klettert schon in einer Januar-Sturmnacht bei peitschendem Regen und Schneetreiben mittels einer mitgebrachten Leiter 3.5m auf den Mast hoch um hier lediglich mit einem Feuerzeug bewaffnet, einige Kabel in Brand zu setzen – erfand die Swisscom als Besitzerin und Betreiberin der Sendeanlage eine neue Schauermär.
Am Flansch des Mastfusses, dort wo der tonnenschwere Mast auf einem Betonsockel steht, sollen am Befestigungskranz die zahlreichen Muttern zwecks Fällung des Mastes, gelöst und gestohlen worden sein. Siehe Bild oben.
Jetzt fahndete Julmi eifrig nach dem Steckschlüssel mit Gabelweite von 3Zoll = 76.2mm. Da solche Riesen-Steckschlüssel nicht gerade im Baumarkt erhältlich sind, musste ja irgendwo, bei irgendwem ein solch verdächtiges Beweisstück herumliegen. Deshalb die Hausdurchsuchungen.
Fündig wurde Julmi in einer Maschinenfabrik, deren Betribsleiter auf der von Oberamtmännern gelieferten Liste der Einsprechenden stand. Nur dass dieser Kadermann während der Zeit in welcher der angebliche «Sabotageakt» hätte ausgeführt worden sein, sich im Spital zu einer schwierigen Hirntumor-Operation befand. Das hinderte Julmi nicht daran, den in Rekonvaleszenz befindlichen, noch nicht genesenen Hirntumor-Patienten zum Verhör nach dem 20km entfernten Freiburg vorzuladen. Worauf mich der Hirntumor-Patient um Hilfe bat.
Julmi verweigerte jedoch jegliches Gespräch mit mir. Er könne mich nur mittels Vorladung anhören wurde mir beschieden und dazu sehe er keinen Bedarf. Jetzt Platzte mir endgültig der Kragen. Ich schrieb per Einschreiben einen dermassen bösen Brief, dass er mich eigentlich wegen «Majestätsbeleidigung» hätte vorladen müssen. Aber nichts geschah.
Immerhin wurde die Vorladung gegen den Hirntumor-Patienten sofort aufgehoben. Denn ich hatte Julmi nachgewiesen, dass ein Sendemast, auch wenn sämtliche Befestigungsmuttern entfern würden, niemals umfallen könne, weil die Löcher im Flansch dermassen genau gebohrt sind, dass sich die Bolzen darin sofort verkanten (verklemmen) sobald der Mast nur in die geringste Schieflage gerät. Infolgedessen wäre das Entfernen der Muttern höchstens als Diebstahl von Altmetall zu werten. Ein Delikt dessen Verfolgung sich für einen Staatsanwalt nicht besonders karrierefördernd auswirkt. Die unterdessen angebrachte Überwachungskamera beim Mastfuss sei wohl eher als Propaganda-Gag gegen Mobilfunkkritiker, denn als wirksamer Schutz gegen Saboteure gedacht.
Zudem war ja auch die Mär von einem Brandanschlag völlig unhaltbar geworden. Spuren von Brandbeschleuniger oder Anfeuerungsmaterial wurden nie gefunden. Am Brandherd waren auch keine schwarzen Spuren sichtbar.
Ausgelöst bei der örtlichen Feuerwehr hatte den Brandalarm ein automatischer Rauchmelder innerhalb des Apparatehäuschens. Offenbar war durch den Sturmwind etwas Rauch durch den Kabelkanal geblasen worden. Zu einem grossen Kabelbrand ist es auch nicht gekommen. Beim Durchscheuern der Kabel im Wind mag es wohl etwas Funkenflug und etwas Rauch gegeben haben.
Bei der schnellen provisorischen Reparatur wurden die beschädigten Kabbel etwas gekürzt und die Enden mit Muffen zusammengefügt. So dass die Sendeanlage im Laufe des Samstag-Vormittags wieder in Betrieb genommen werden konnte.
Unglaubliche Nachwehen hatten Julmis Aktivitäten trotzdem. Einem Anwohner einer geplanten Mobilfunk-Sendeanlage in Düdingen, welcher auf der Bauverwaltung zwecks Einreichung einer Einsprache, die Auflageakten einsehen wollte, wurde vom Gemeindeschreiber gesagt: «Los Hans, wenn Du jetzt innert 30 Sekunden das Lokal verlässt, habe ich dich hier nie gesehen, andernfalls muss ich dich dem Julmi melden!»
Julmis Auffasung von Bürgerrechten geistert selbst nach 16 Jahren immer noch in Freiburger Amtsstuben herum.
Noch heute werden von den Gemeindeverwaltungen den Einsprechenden bei der Einsichtnahme die Auflageakten nur mit Widerwillen vorgelegt und das Anfertigen von Fotokopien sogar verboten. Obschon das Bundesgericht dies längstens geregelt und sogar den Preis der Fotokopien festgelegt hat. Es braucht dann jeweils nur den bösen Standartbrief von Gigaherz an den Gemeinderat bis es dann doch noch klappt.
Geblieben ist bis heute nach 16 Jahren im Kanton Freiburg, auch die ungeheuerliche Arroganz und Rechtsverweigerung der Baubewilligungsbehörden gegenüber Leuten die eine Baueinsprache gegen Mobilfunk-Sendeanlagen einreichen.
Die Behörden weigern sich strickte, die Argumente von Mobilfunkkritikern nur zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn zu bearbeiten. Beweisstücke werden haufenweise unter den Teppich gekehrt, oder ins Gegenteil verdreht.
Erforderliche Sonderbewilligungen werden von Amtsstellen ausgestellt, die über kein funktechnisch versiertes Personal verfügen, sich aber gerne einen Anschein von Fachkundigkeit geben, indem sie einige markante Sätze aus dem Argumentenkatalog der Swisscom abschreiben. Vielfach auch Unpassende.
Entsprechend sehen dann die von Gemeindebehörden oder Oberämtern erstellten Entscheide gegen die Einsprachen aus. Hier ist von funktechnischem Fachwissen noch weniger vorhanden, als bei den Spezialisten, welche die diversen Sonderbewilligungen ausgestellt haben. Da liegt nebst wackerem Abschreiben bei den Argumenten der Baugesuchsteller bis zur Unterschlagung wissenschaftlicher Erkenntnisse und bis zur Zitatfälschung alles drin.
Kurzum eine Bosheit und Voreingenommenheit gegen Einsprechende, die nicht mehr länger geduldet werden darf.
Es gäbe dann noch die Möglichkeit gegen solche Entscheide beim Kantonsgericht Beschwerde zu führen. Was dann aber im Falle des Verlierens mit Kosten von Fr. 3000.- bis 6000.- verbunden und zum Vorneherein praktisch aussichtslos ist, da dort punkto funktechnischem Fachwissen noch weniger als bei den Vorinstanzen vorhanden ist. Weniger als Nichts, geht ja kaum noch! Ich kann mich noch gut an einen Fall erinnern in welchem ein juristisches Hickhack von 5 Jahren mit 2 Bundesgerichtsentscheiden benötigt wurde, bis die Herren Kantonsrichter endlich zu begreifen im Stande waren, was ein Antennendiagramm ist, und wozu ein solches dient.
zu früh gefreut, liebe Leser. Die Herren sind unterdessen pensioniert und das Cabaret kann von Neuem losgehen. Vorausgesetzt, Sie haben die nötigen Nerven und das nötige Kleingeld!
Kommentare sind ausgeschaltet