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Hochspannung in Balzers FL

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ie wollen unbedingt eine Lösung zugunsten der Gesundheit der Bevölkerung: Gemeindevorsteher Anton Eberle, der Jurist Dr. Peter Wolff und Hans-Ueli Jakob von Gigaherz.ch  informierten am Montagabend den 3.Dezember im kleinen Gemeindesaal in Balzers FL über die Situation in Bezug auf die Hochspannungsleitung Bonaduz-Sarelli-Winkeln, welche 2km weit über Liechtensteinisches Staatsgebiet führt.

Bild: Schloss Balzers FL

Alles eine Frage des Preises

Im Fall der Hochspannungsleitung in Balzers ist guter Rat im wahrsten Sinne des Wortes teuer. Nachdem die rechtlichen Mittel ausgeschöpft sind und der Prozess verloren ist, wird über eine Verlegung der Leitung an den Rhein verhandelt.

Aus der Liechtensteiner Tageszeitung „VATERLAND“ vom 4.12.07

VON DESIRÉE FRANKE-VOGT

Der Prozess ist verloren – die Nordostschweizerischen Kraftwerke (NOK) dürfen die Spannung auf der Hochspannungsleitung Bonaduz-Sarelli-Winkeln von 220 000 auf 380 000 Volt erhöhen. Die Balzner, vor allem die Anwohner der Siedlung Brüel im Ortsteil Mäls, sehen dieser Aufrüstung mit grosser Sorge entgegen. Denn schon bis anhin gab es überdurchschnittlich viele Menschen, die an Krebs erkrankt sind. Gestern lud die Gemeinde Balzers die besorgten Bürgerinnen und Bürger in den kleinen Gemeindesaal, um die Fakten aufzuzeigen und über das weitere Vorgehen zu diskutieren.

NOK signalisiert Interesse an Lösung

Seit mehr als zwölf Jahren kämpft die Gemeinde gegen das Vorhaben der NOK, die Spannung auf der Leitung zu erhöhen – dies, obwohl die Stromversorgung auch für Balzers wichtig und von Bedeutung ist, wie Vorsteher Anton Eberle ebenfalls zu bedenken gab. Dies dürfte auch der Grund gewesen sein, dass mit den NOK im Jahr 1971 ein Vertrag über 50 Jahre abgeschlossen wurde. Frühestens im Jahr 2021 kann die Gemeinde also definitiv etwas gegen den Stromlieferanten unternehmen und die Leitung kappen. Doch bis dahin dauert es noch einige Jahre – wertvolle Jahre. Jahre, in denen die betroffenen Anwohner gesundheitlich geschädigt werden können.

Deshalb hat die Gemeinde erneut Kontakt mit den NOK aufgenommen und das Gespräch gesucht. «Es wurde mir versprochen, dass bereits im Januar oder Februar eine erneute Besichtigung vorgenommen wird und Gespräche stattfinden», so Eberle. Die NOK habe signalisiert, dass der Wille zur Verlegung der Leitung vorhanden sei. Dies müsste auch in ihrem Interesse sein, wie Anwalt Peter Wolff feststellte. «Mit Blick auf das Jahr 2021 sollte es der NOK selbst ein Ansporn sein, eine andere Lösung zu finden – andernfalls steht sie dann vor dem Nichts.»

Wolff hat den Fall von Beginn an als Anwalt vertreten – kennt jedes Detail der zwölfjährigen Leidensgeschichte. «Es war ein interessantes Ping-Pong-Spiel, wobei die liechtensteinische Regierung immer zu unseren Gunsten entschieden hat. Stets hat sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine potenzielle Gefährdung der Gesundheit nicht ausgeschlossen werden und nicht abgewartet werden kann, bis der letzte Beweis für eine Gesundheitsschädigung vorliegt.»  Leider habe dies die VBI bzw. der VGH anders gesehen und den Buchstaben des Gesetzes höher gewertet. «Da Liechtenstein keine eigenen NIS-Verordnung besitzt, wurden die schweizerischen Grenzwerte angewandt. Abgesehen im Fall eines Anwesens wurde der Grenzwert von 1 Mikrotesla eingehalten», blickte Wolff auf die Urteile zurück. Auch als die Regierung sich auf ein Gutachten gestützt habe, das aufzeigt, dass die Grenzwerte überschritten werden, konnte sie den VGH nicht überzeugen. Das Urteil sei ein grosse Enttäuschung gewesen, so Wolff. Einen letzten Versuch habe man schliesslich gestartet, indem man eine Verfassungsbeschwerde an den Staatsgerichtshof eingereicht habe – diese wurde jedoch abgewiesen. Als positiv wertet Wolff allerdings die Tatsache, dass die Spannungserhöhung so lange hinausgezögert werden konnte und das Bewusstsein über die potenzielle Gefahr, die von einer Hochspannungsleitung ausgeht, gesteigert werden konnte.

Gesund ist teuer

«Für die NOK lohnt es sich natürlich, sich für den Ausbau der Leitung stark zu machen», stellte Hans Ueli Jakob, Präsident von Gigaherz.ch, der grössten schweizerischen Schutzorganisation für Elektrosmog-Betroffene fest. Auf der Preisbasis von 1995 kosten drei zusätzliche Stränge nämlich «nur» 160 000 Franken – eine Verlegung an den Rhein oder ins Erdreich hingegen 7,2 Mio. Franken bzw. 17,5 Mio. Franken. Die gesündeste Variante ist halt wie so oft nicht die Günstigste – und es stellt sich auch hier die Frage, wie viel die Gesundheit wert ist. Jakob ist davon überzeugt, dass das Geld für eine Verlegung bei den NOK vorhanden ist ist. Strom sei schliesslich eine Handelsware und es würden hohe Profite aus dem Stromhandel erzielt.

In einem ausführlichen Vortrag erläuterte Jakob, wie ein Magnetfeld entsteht und wie es sich auf den menschlichen Körper auswirken kann. Dass der schweizerische Wert von 1 Mikrotesla, der an Orten mit empfindlicher Nutzung (OMEN) vorgeschrieben ist, bereits schädliche Auswirkungen haben kann, zeigen Messungen des Ingenieurbüros von Günther Käs. Danach ist das Hirntumorrisiko bei Kindern bei 0,3 Mikrotesla bereits um ein Fünffaches erhöht. Schwedische Studien zeigen Ähnliches in Bezug auf Leukämie. Die Internationale Krebsagentur IARC hat im Jahr 2000 Magnetfelder grösser als 0,4 Mikrotesla als krebsfördernd erklärt – doch auch die Schweiz hält an ihrem Grenzwert von 1 Mikrotesla fest. Dazu haben die Urteile der schweizerischen Gerichte sicher auch ihren Beitrag geleistet. Grenzwerte seien nicht nach medizinischen Gesichtspunkten festzulegen, sondern nach der wirtschaftlichen Tragbarkeit und der technischen Machbarkeit, meint zum Beispiel das Bundesgericht. Oder wie es ein anderes Gericht noch extremer formuliert: «Die Bevölkerung hat kein Anrecht auf ein Null-Risiko»

Die Antwort von Hans Ueli Jakob darauf heisst: Opfer müssen gebracht werden – es fragt sich, wie hoch diese sein müssen. Wo ein Wille, da ein Weg.

Also: Leitungen in den Boden. Dass dies ein kostspieliges Unterfangen ist, ist allen klar. Sagt man nicht, Gesundheit ist nicht käuflich? In diesem Fall könnte man vermutlich das Gegenteil beweisen.

Von Hans-U. Jakob

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