Justizskandal im Emmental
Die Korruption im Schweizer Mobilfunkwesen nimmt je länger je groteskere Formen an. Dort wo ein Bundesrichter Immobilienbesitz und ständiges Feriendomizil hat, ist das Verstärken von Mobilfunksendern ausserhalb des Baugebietes nicht gestattet. Dort wo ein Kleinbauer und AHV-Rentner sein karges Dasein fristet, dagegen schon. Eine Skandalgeschichte aus dem Lande Gotthelfs.
Bild: Niene geit’s so schön u luschtig…..
https://www.youtube.com/watch?v=xtoakWp628s
Von Hans-U. Jakob
Präsident von Gigaherz.ch
Schwarzenburg, 23.7.2016
Der Emmentaler Kleinbauer und AHV-Rentner Hans Bergfritz (Name von der Redaktion geändert) hat mit Hilfe der NIS-Fachstelle von Gigaherz.ch gegen die Hochrüstung der Mobilfunk-Sendeanlage auf einem Emmentaler Hoger, oberhalb seines Heimetlis am oberen Ende eines Skilifts, Einsprache erhoben. Orange resp. SALT wollte die Sendeleistung von total 2130 auf 14‘400Watt ERP, das heisst um das 6.8-Fache hochrüsten. Anlage-Grenzwert bei den nächstliegenden Bauernhäusern knapp eingehalten.
Dies nachdem das Bundesgericht mit Urteil 1c_200/2012 von Falera GR das Hochrüsten der Sendeleistung in der Landwirtschaftszone bereits bei einem Faktor von 2.2 untersagt hatte, weil man da nicht mehr von einer massvollen Nachrüstung sprechen könne. Erst recht nicht, weil noch ein neuer Funkdienst, nämlich UMTS, dazukomme. Das gehe selbst dann nicht, wenn die Anlage an einen bestehenden Skiliftmast angebaut sei. Und neue Mobilfunksender würden heute in der Landwirtschaftszone sowieso nicht mehr erlaubt.
Der Regierungsstatthalter des Oberaargau fand die Beschwerde total daneben. Bergfritz als Kleinbauer sei gar nicht in der Lage nachzuweisen, dass es sich um eine Hochrüstung der Sendeleistung um das 6.8-fache, und um eine Nachrüstung mit den Funkdiensten UMTS und LTE handle. Die Publikation mit „Austausch der Sendeanlage“ beschrieben, sei völlig rechtens und zusätzliche 6 Antennen, lediglich unter den selben Gehäusedeckeln, wie von Hans Bergfritz behauptet, brauche es erst recht nicht. Es handle sich lediglich um den Austausch von in die Jahre gekommenen Antennenkörpern. Punkt.
Die angerufene Baudirektion des Kantons Bern, stellte fest: Es treffe zwar zu, dass es sich nicht bloss um einen Austausch von in die Jahre gekommenen Antennenkörpern handle. Die von Hans Bergfritz gemachten Angaben über die Hochrüstung würden schon stimmen.
Es treffe trotzdem nicht zu, dass im Kanton Bern Behörden über Baugesuche entscheiden, die von Mobilfunk keine Ahnung hätten und nicht einmal in der Lage seien, je 3 Zahlen in den Standortdatenblättern aus dem Jahr 2000 und je 3 Zahlen in den neuen Standortdatenblättern von 2014 zusammenzuzählen und miteinander zu vergleichen.
Orange resp. SALT als Baugesuchsteller hätten auch nicht nachweisen können, dass sie aus funktechnischen- oder Kapazitätsgründen unbedingt auf diesen Standort angewiesen seien, aber man müsse die Anlage aus gesamtheitlicher Sicht beurteilen. Und da blieben nur noch die finanziellen Vorteile. Weil Orange resp. SALT sonst 3 Antennen in den Bauzonen der umliegenden Gemeinden erstellen müsste, seien diese Vorteile dermassen hoch, dass man diesen Standort aus gesamtheitlicher (sprich finanzieller) Sicht einfach bewilligen müsse. Trotzdem das Bundesgericht auf Grund des Raumplanungsgesetzes SR 700 Art 22-24a rein finanzielle Gründe seit Jahren nicht mehr akzeptiert.
Hochinteressant war, dass die Anwälte von Orange resp. SALT mit Hilfe des Bernischen Amtes für Wirtschaft (BECO) plötzlich ein zwischenzeitlich erstelltes Standortdatenblatt aus dem Jahr 2009 aus dem Hut zaubern konnten, welches schon damals eine Hochrüstung um den Faktor 2, nämlich von total 2130 auf 4320 Watt ERP beinhaltete. Die heutige Hochrüstung sei deshalb nicht eine Hochrüstung um das 6.8-Fache, wie von Hans Bergfritz behauptet, sondern nur um das 3.3-Fache.
Was war da geschehen? Wieso wussten die Anwohner von dieser im Jahr 2009 erfolgten Hochrüstung nichts. Fündig wurde Hans Bergfritz in der Anzeigerdruckerei für den Amtsbezirk Trachselwald. In deren Archiv war tatsächlich eine Baupublikation vom Juni 2009 zu finden. Diese beinhaltete jedoch keineswegs eine Hochrüstung der Orange resp. SALT- Anlage, sondern die Ergänzung des Antennenmasts mit 3 Kleinantennen zu je 150Watt ERP für den Polizeifunk. Angesichts dieser bescheidenen Leistungserhöhung und der für jedermann einsehbaren Notwendigkeit der Einführung des Polycom-Funkdienstes für alle Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste wäre es damals niemandem im Traum eingefallen, eine Einsprache zu deponieren. Dass Orange resp. SALT die günstige Gelegenheit nutzen würde, ihre Sendeleistung im selben Aufwasch und ganz im Geheimen auch noch gleich von 2130 auf 4320 Watt ERP erhöhen würde, konnte niemand ahnen.
Mit diesem weiteren arglistigen Täschungsmanöver und mit dem Bauen ohne Baubewilligung im Jahr 2009 wollte sich die Bernische Baudirektion schon gar nicht mehr befassen. Das interessierte die schlichtweg nicht.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern als nächste Instanz, stellte sich wiederum dumm und behauptete, rein äusserlich würde man den neuen Antennen auf dem Mast gar nichts ansehen, da sich Alles unter denselben Gehäusedeckeln befände. Aus raumplanerischer Sicht wäre da gar nichts gewonnen.
Mit den unterdessen von Orange/SALT eingereichten völlig unbrauchbaren Netzabdeckungskarten mochte sich das Verwaltungsgericht auch nicht befassen. Und mit dem Urteil von Falera erst recht nicht, das war denen offensichtlich viel zu heiss (!)
Die Netzabdeckungskarten, die übrigens schon beim Regierungsstatthalteramt in erster Instanz hätten eingereicht werden müssen, waren völlig unleserlich. Es konnten weder Ortsnamen noch Geländeformen erkannt werden, die Erklärungen waren in englischer Sprache abgefasst und gaben überhaupt keine Auskunft über mögliche andere Standorte innerhalb von Bauzonen.
Das Verwaltungsgericht befand, man müsse diesen dermassen vorteilhaften Standort einfach bewilligen. Punkt.
Bei seinem Entscheid stützte sich das Verwaltungsgericht hauptsächlich auf ein „Gutachten“ des eidg. Amtes für Raumplanung und Entwicklung, ARE, welches nachgewiesenermassen über keinerlei Mitarbeiter mit funktechnischen Kenntnissen verfügt und auch bei Hochspannungsleitungen mit seinen „märchenhaften“ Kenntnissen die gesamte Fachwelt immer wieder verblüfft.
Nun hat das Bundesgericht entschieden:
Urteil Nr 1C_11/2016
Und zwar in allen Punkten genau gegenteilig zum Urteil von Falera.
Es wäre aus raumplanerischer Sicht nichts gewonnen, das Baugesuch abzulehnen, sagt auch das Bundesgericht, da der bisherige Zustand erhalten bleiben würde, es würde keine weitere Zweckentfremdung von Nichtbauzonenland erfolgen usw.
Alles genau die selben Fakten wie in Falera, nur dass diese dort zur Abweisung des Baugesuchs geführt hatten.
Und sehr interessant: Strahlungstechnisch würde nichts gewonnen. Andere Standorte innerhalb Bauzonen würden wesentlich mehr (Leute) belasten.
Hoppla, da haben wir es also. Bis jetzt hat das Bundesgericht stets behauptet, da wo die Anlage-Grenzwerte eingehalten seien, könne man nicht von einer Belastung der Bevölkerung sprechen. Und jetzt dies: 3 Emmentaler Bauernfamilien sollen also dafür herhalten, dass all die handysüchtigen Menschen innerhalb von Wohngebieten bei ihren unnützen Spielen mit I- und Smartphones weniger gefährdet werden.
Mit den beiden betrügerischen Baupublikationen „Austausch einer Sendeanlage“ die in Tat und Wahrheit eine 6.8-Fache Erhöhung der Sendeleistung ist und mit der Bezeichnung „Erweiterung für den Polizeifunk“ mochte sich auch das Bundesgericht nicht befassen. Eine haarsträubende Rechtsverweigerung. Das Bundesgericht schützt im Mobilfunkbereich Betrügereien, die auf andern Gebieten zu hohen Geldstrafen, wenn nicht sogar zu Gefängnis führen würden. Eine Warnung an alle gegenwärtigen und künftigen Anwohner von Mobilfunkantennen: Sogar noch in den Baupublikationen darf gelogen werden. Also unbedingt Akteneinsicht nehmen und nur das glauben, was man(n) gesehen hat.
Und noch etwas. Die Ortschaft Falera wird im Bundesgerichtsurteil nirgends mehr erwähnt. Es folgt stets nur die Urteil-Nummer. 1C_200/2012. Die wissen schon warum.
Einen gravierenden Unterschied von Hans Bergfritz im Emmental zu Falera gibt es nämlich. In Falera hat ein Bundesrichter Immobilienbesitz und ständiges Feriendomizil. Im Emmental beim Bergfritz halt nicht.
Hans Bergfritz wurde wegen Mittellosigkeit unentgeltliche Prozessführung zugestanden. Bezahlen muss er nur die unverschämten Anwaltskosten von Orange/SALT in der Höhe von Fr 7596.- Diese sind jedoch durch Sponsoren voll abgedeckt. (Auch das gibt es)
Bei Gigaherz glaubte man seinerzeit, dass es nicht gehe, ein Grundsatzurteil des Bundesgerichts, wie dasjenige von Falera, dermassen zu missachten, nur weil es sich beim Beschwerdeführer um einen mittellosen Kleinbauern und AHV-Rentner handelt. Wir haben uns schauderhaft getäuscht. In einem Rechts-Staat wie der Schweiz geht das offensichtlich problemlos! Da sind alle Bürger vor dem Gesetz gleich. Nur manche halt etwas gleicher.
Etwas aus der Vorgeschichte finden Sie unter: https://www.gigaherz.ch/auch-unter-neuem-namen-wird-gelogen/
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