Kritik und Mängelliste an Planauflage und Umweltverträglichkeitsbericht zum Projekt Hochspannungsleitung Wattenwil-Gasel-Mühleberg
Kritik und Mängelliste an Planauflage und Umweltverträglichkeitsbericht zum Projekt Hochspannungsleitung Wattenwil-Gasel-Mühleberg
Umweltverträglichkeitsberichte werden nicht etwa durch eine neutrale Amts- oder Polizeistelle erstellt, sondern werden durch den Bauherrn einem privaten Ingenieurbüro nach dessen Wahl übertragen. Die (oft respektable) Bezahlung erfolgt ebenfalls durch den Bauherrn. Umweltverträglichkeitsberichte nach schweizerischem Recht, sind deshalb als reine Parteigutachten zu betrachten. Die Interesssen der Anwohner und der Natur werden dabei sehr schlecht wahrgenommen und vielfach geflissentlich übersehen oder ins Gegenteil verdreht.
von Hans-U. Jakob, Fachstelle nichtionisierende Strahlung der Schweiz. Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener, 5.2.04
Die vorliegende Kritik gilt dem auf den betroffenen Gemeinden aufliegenden Plandossier und Umweltverträglichkeitsbericht mit Dutzenden von Seiten und Grafiken, die aus Zeitgründen kaum von jemandem gelesen werden. Ein exaktes Studium würde 2 Arbeitstage in Anspruch nehmen. Hier steht deshalb eine kurze Zusammenfassung der Hauptkritikpunkte.
2.1.1 unter Grundsätzliches
Aus Gründen der Uebertragungsleistung seien heute die 2 vorhandenen Stränge parallelgeschaltet. Es fehlen die Angaben in Ampère! Das bestehende Magnetfeld ist somit nicht berechenbar. Es bestehen keine Vergleichsmöglichkeiten zum Neubauprojekt.
2.1.3 unter Begründung des Vorhabens
Im Leitungsschema im Text und im Anhang 2.2.1 wurde die neue 50kV-Leitung Wattenwil-Schwarzenburg weggelassen. Wahrscheinlich, um dem Neubauprojekt und der Unterstation Gasel eine höhere, als die tatsächliche Priorität vorzugeben.
Das Schwarzenburgerland kann gut über die neue direkte Leitung Wattenwil Schwarzenburg versorgt werden. Die Spitzenbelastung beträgt in diesem Fall hier 180Ampère.
Gasel-Schwarzenburg dient als Not-Ring oder als Entlastung.
3.1 unter Technische Daten des Projektes
Hier sind lediglich 30m hohe Masten abgebildet. Am Eingang des Thurnenholz-Waldes von Rümligen her kommend, ist jedoch eine Masthöhe von 80m geplant. Bei der Durchquerung des BLN-Gebiets in der Gegend Weyermatt gibt es Masten bis 70m Höhe.
Auch die Zeichnung im Anhang 3.7.1 ist täuschend. Das bestehende Mastbild ist mit 32m wesentlich zu hoch und das neue Mastbild mit 36m wesentlich zu tief eingezeichnet.
BLN=Bundesinventar der Landschaften mit nationaler Bedeutung
5.1 unter Leitungstrasse
Die Beschreibung Rümligen ist falsch.
Die Leitung wird nicht neben dem BLN-Gebiet geführt, sondern durch dieses hindurch.
Die Leitung soll westlich der Weiermatt verlaufen und liegt somit eindeutig innerhalb des BLN-Gebietes.
Die Angaben zum Magnetfeld sind eindeutig falsch.
Bei 1490 Ampère beträgt der Grenzwertabstand von 1uT (1Mikrotesla)für das Magnetfeld radial nicht 47m sondern 75m.
5.5.1.1 unter Auswirkungen optisch.
Die Masthöhe beim Armeemagazin (Thurnenholz) wird mehrmals mit 65m angegeben.
Die Masthöhe beträgt hier jedoch 80m. Das ist ein nicht tolerierbares Vertuschungsmanöver.
5.7. unter Konfliktanalysen auf S13 unter Rümligen steht:
„Der Eigentümer des Hofes Weiermatt will die Leitung nicht hinter seinem Haus, sondern weiter westlich in den Hängelenwald. In diesem Sinn sind 1 bis 2 Rodungsgesuche nötig.“
Das entspricht nicht den Tatsachen. Der Eigentümer der Weiermatt will überhaupt keine Leitung auf seinen Grundstücken. Das sind reine Schönfärbereien der Projektverfasser.
Auf Seite 14 steht betreffend der Talvariante (Leitungsführung entlang der Gürbe):
„Diese Variante wird politisch hart bekämpft. Kantonspolitiker des Gürbetals sowie die 13 betroffenen Gemeinden (….) wie auch der Regierungsstatthalter lehnen diese Variante 1 ab und sprechen sich einstimmig für die Variante 3 (durch das BLN-Gebiet) aus.“
Gemäss übereinstimmenden Zeugenaussagen waren von der von der Hangvariante 3 betroffenen Gemeinde Rümligen an dieser Sitzung keine Vertreter anwesend.
Es wird von den Gerichtsbehörden abzuklären sein, ob diese Vertreter überhaupt eingeladen und wenn JA, weshalb diese nicht anwesend waren. Ferner wird abzuklären sein, was diese Gemeindevertreter überhaupt für eine Entscheidungsbefugnis haben.
Wer hier überhaupt nichts zu suchen hatte, war der Regierungsstatthalter als Vollzugsbeamter der Berner Regierung, welche gleichzeitig Hauptaktionär bei den BKW ist und zudem keine
Sach- und Fachkenntnis in dieser Angelegenheit hat.
Von den Gerichtsbehörden wird genauestens abzuklären sein, ob an dieser Sitzung überhaupt eine Gefährdung der Anwohner durch die Magnetfelder der Leitung eingehend besprochen und gewürdigt wurde.
Es kann wohl nicht sein, dass solche schicksalsschweren Entscheidungen anlässlich einer fröhlichen Versammlungsrunde im Restaurant Gutenbrünnen gefällt werden.
Auf Seite 16 zum BLN-Gebiet 1320
Zitat: “ Das entlang des Leitungszuges liegende Gebiet zwischen Gutenbrünnen und Oberscherli wurde 1996 in das Bundesinventar aufgenommen. Eine Umfahrung dieses Gebietes hätte grössere Belastungen von Natur und Umwelt zur Folge, als der Neubau der Leitung auf dem bestehenden Trassee.“
Erstens beginnt das BLN Gebiet nicht erst im Gutenbrünnen, sondern bereits im Eywald oberhalb des Thurnenholzes und Zweitens wurde eine Umfahrung des BLN-Gebietes überhaupt nie geprüft. Es liegen dazu keinerlei Planvarianten vor.
Geprüft wurde einzig eine Verkabelung in einem begehbaren Tunnel im Gebiet der Schlossmatten Rümligen.
Der Kostenvergleich Tunnelvariante / Freileitung mit 10/1 entspricht der Technik von 1970 und ist nicht mehr haltbar. Heute werden gasisolierte Leiter direkt im Erdreich vergraben.
Siemens bietet dazu Systeme bis 600kV und 6300Ampère mit 20 Jahren Garantie an.
Der Kostenvergleich ist dadurch auf 3/1 zusammengeschrumpft.
Auch hier wieder ein unzulässiges Herunterspielen von schwerwiegenden Planungsfehlern und Wirtschaftsinteressen.
Zum eigentlichen Umweltverträglichkeitsbericht (Hauptuntersuchung)
Hier wird beispielsweise bereits in der Einführung behauptet:
Landschaft: Bei der Linienführung wurde in einem jahrelangen Prozess unter Einbezug der Fachstellen des Bundes und des Kantons, der Gemeinden und der Grundeigentümer die bestmögliche Variante ausgewählt, und der Verlauf der Leitung gross- und kleinräumig optimiert.
Dies ist eine ungeheuerliche Behauptung. Die Landeigentümer erfuhren erst kurz vor dem Planauflageverfahren von der gewählten Variante, indem man diesen kurzerhand fertige Enteignungsverträge zur Unterschrift zustellte. Dies notabene am 22. Dezember, 2 Tage vor Weihnachten.
Im Einführungstext finden sich weitere, recht grotesk anmutende Beschreibungen, welche als reine Parteiaussagen zu werten sind und mit Umweltverträglichkeit nichts zu tun haben:
ZB auf Seite 2, Variante 3
Die Variante 3 verläuft in einer stark gekammerten Landschaft. Für die Eingliederungsstrategien „Kaschieren und Unterordnen eignen sich solch gekammerte Landschaften besser als überschaubare Ebenen. In dieser Situation bietet die Weiermatt-Variante Tarnungsmöglichkeiten und bezüglich Eingliederung im Vergleich die geringsten Beeinträchtigungen.
Jede dieser kleinen Kammern in dieser einmaligen Landschaft ist ein für sich abgeschlossenes Kleinod. Hier lassen sich 70 bis 80m hohe Masten weder kaschieren noch unterordnen und schon gar nicht tarnen. Diese in sich geschlossenen kleinen Kammern werden durch diese Hochspannungsleitung landschaftlich schlicht und einfach zerstört. In der riesigen, weiten Ebene des Gürbetals dagegen nehmen diese Leitungen einen verschwinden kleinen Anteil ein und fallen dadurch weit weniger auf.
Ebenso grotesk muten die vorgeschlagenen Ersatzmassnahmen an:
Beseitigung landschaftlicher störender Elemente (Verkabelung von Freileitungen geringerer Spannung) Dabei führt die Bilanzierung innerhalb des BLN-Gebietes mit den vorgesehenen Massnahmen zu einer praktisch ausgeglichenen Bilanz zwischen Eingriff und Ersatz.
Bei der Verkabelung von Freileitungen geringerer Spannung handelt es sich ausschliesslich um 3-drähtige 16-Kilovolt Leitungen auf Holzsstangen. Andere gibt es in dieser Region nicht. Solche Freileitungen auf Holzsstangen, Höhe maximal 14 Meter, welche sich recht gut ins Landschaftsbild einfügen, als Ersatz für 70 bis 80m Hohe Gittermasten mit 13 Leiterseilen à 24mm Durchmesser anzubieten, muss als völlig ungenügend zurückgewiesen werden.
Von einer ausgeglichenen Bilanz kann nicht im Entferntesten gesprochen werden. Zudem befinden sich diese Ersatzmassnahmen nicht in den von der Gittermastenleitung durchschnittenen, geschützten Landschaft.
Die Strahlungswerte:
Hier wird durch das ganze Dossier hindurch mehrmals behauptet, mit einem radialen Abstand von 47 m sei der Grenzwert von 1 Mikrotesla eingehalten.
Das trifft nicht zu. Gemäss einer Computersimulation aus einem Bundesgerichtsfall entsprechen diese 47m einem Strom von 1000 Ampère auf beiden Strängen.
Im vorliegenden Projekt sind jedoch eindeutig 1500Ampère vorgesehen. Somit vergrössert sich diese Distanz linear zur Stromführung auf 75m.
Dass dieser Grenzwert von 1uT oder 1000nT die Bevölkerung nicht schützt, zeigen folgende Vergleiche mit wissenschaftlichen Arbeiten aus der Schriftenreihe BUWAL 214 von 1993:
Tomenius 1986……Hirntumor bei Kindern…..4-faches Risiko…..ab 300nT
Feychting und Ahlbom 1992…..Leukämie bei Kindern…..3-faches Risiko…..ab 300nT
Tomenius 1986…..Krebs bei Kindern…..3-faches Risiko…..ab 300nT
Meyers et al 1990…..Krebs bei Kindern…..2-faches Risiko…..ab 300nT
Feychting und Ahlbom 1992…..Krebs bei Erwachsenen…..2-faches Risiko ab 200nT
uT = Mikrotesl, nT = Nanotesla, 1Mikrotesla = 1000 Nanotesla
In mehreren oberinstanzlichen Urteilen wird denn das Versagen der Grenzwerte auch indirekt zugegeben:
Bernisches Verwaltungsgericht: „Die Bevölkerung hat kein Anrecht auf ein Null-Risiko, Grenzwerte dienen lediglich dazu, die Schäden in vertretbaren Grenzen zu halten.“ (Urteil BE1998.00045-K3 vom 8.2.2001)
Und das Bundesgericht doppelt nach mit „Grenzwerte sind nicht nach medizinischen Gesichtspunken festzulegen, sondern nach wirtschaftlicher Tragbarkeit und technischer Machbarkeit. (Urteil 1A94/2000/sch vom 30.8.2000)
Die geplante Leitung belastet die Umgebung wie folgt:
Bei einem Strom von 1500 Ampère und einem radialen Abstand von
50m = 1500nT
100m = 750nT
150m = 525nT
200m = 360nT
250m = 225nT
Als kurzer Vergleich dazu:
Das 4-Fache Hirntumor-Risiko bei Kindern ergibt sich bereits ab 300nT und höher.
Siehe obenstehende Auflistung.
Es ist zu bemerken, dass ein Krebs normalerweise eine Latenzzeit von 5 bis 10 Jahren benötigt, bis dieser vom Arzt entdeckt wird. Es handelt sich also um Langzeitwirkungen.
Bei den Langzeitwirkungen wären noch Herz-Kreislaufstörungen zu erwähnen.
Es gibt auf Magnetfeldern von nur 200nT jedoch bereits folgende Kurzzeitwirkungen:
-Gelenk- und Gliederschmerzen
-Schlaflosigkeit
-Depressive Erkrankungen
Nebst falschen Magnetfeldangaben werden im ganzen Umweltverträglichkeitsbericht die Risiken für Menschen völlig verschwiegen.
Dem Leben der Brutvögel wird grösseres Gewicht beigemessen als dem Schutz des Menschen.
Mit der Variante 1 durch das Gürbetal, der Gürbe entlang, würden keine menschlichen Siedlungen berührt. Dagegen wehrt sich die Vogelwarte Sempach wie folgt:
Die Variante 1 durch das Gürbetal wird zudem öfters von Ggrossvögeln wie Reihern, Störchen, Gänsen und andern Wasservögeln sowie diversen Greifvögeln beflogen. Die Kollisionsgefahr mit solchen Arten wird als erheblich eingestuft. Und Freileitungen würden den Lebensraum von ohnehin bedrängten Brutvögeln der offenen Landschaft, wie Kiebitz, Wachtel und Feldlerche einschränken, denn diese halten in der Regel einen grösseren Abstand zu Vertikalstrukturen ein. Die Hangvariante würde aus Sicht der Vogelwarte Sempach demgegenüber weit weniger ökologische Nachteile bringen.
Hier kommt das Brauchtum der bezahlten Gefälligkeitsgutachten einmal mehr zum Vorschein.
1) Dem Schutz der menschlichen Gesundheit ist höhere Priorität einzuräumen.
2) In der sogenannt gekammerten Landschaft wo die Leitung angeblich versteckt werden soll, sind ebenso viele, wenn nicht noch weit mehr bedrohteVogelarten anzutreffen als in der als ökologisch als Einöde einzustufenden Ebene des Gürbetals, ohne Hecken, Bäume und Sträucher.
Es sind dies: Trauerschnäpper, Grauschnäpper, Singdrossel, Misteldrossel, Wachtel, Goldammer, Rauchschwalbe, Girlitz, Distelfink, Mauersegler, Eichelhäher, Buchfink, Grünspecht, Haubenmeise, Zaunkönig usw. usw.
Durch die Leitung besonders gefährdet: Die Greifvögel Mäusebussard, Sperber und Rotmilan und vor allem die nachts fliegende Schleiereule.
3) Die Weite des Gürbetals bietet den von der Vogelwarte aufgeführten Vögeln immer noch mehr als genug Lebensraum.
Eine weitere schöne Stilblüte steht auf Seite 17 Kapitel 3.6 Wald und Waldwirtschaft, wo eine Waldrodung kurzerhand in eine Waldrandaufwertung umgewandelt wird.
Als weitere Absurdität kann die Verweigerung einer Baubewilligung für eine Forststrasse im Toffenholz angefürt werden. Der Bau dieses Weges wurde verboten, weil er das BLN-Schutzgebiet tangiert. Für ein Duzend bis zu 70m hohen Masten mit je 13 Leiterseilen, soll dagegen eine Baubewilligung erfolgen. Wo bleibt da die Verhältnismässigkeit?
Fachbericht Landschaftsethik
Soweit dieser nicht schon im obigen Text angezweifelt wurde, müssen vor allem die im Anhang befindlichen Fotomontagen sehr stark in Zweifel gezogen werden.
6.3.3 Fotomontage Schärhuferen Blickrichtung Norden
Der Mast rechts im Bild, Mast Nr.A40-F weist in den Konstruktionsplänen der BKW eine Höhe von 51m auf. Die Fotomontage wiederspiegelt jedoch einen solchen von allerhöchstens 40m. Vergleich UK unterster Ausleger bis Mastspitze = 19m
Aehnlich geht es bei den Bildern „Strasse nach Hermiswil“ zu und her.
Der Mast rechts oberhalb dem Hof Weiermatt mit der Nr WA20F weist in den Konstruktionsplänen der BKW eine Höhe von 70m auf. In der Fotomontage kann diesem jedoch höchstens 47m zugestanden werden.
Der Standort des Masten ist auf der Fotomontage falsch gesetzt. Dieser steht gemäss BKW-Zeichnung nicht am Waldrand, sondern (horizontal) 20m innerhalb des Waldes,
Der Standort auf der Fotomontage ist somit 40m neben demjenigen des Planes und die Höhe ist um 23m zu tief dargestellt.
Auf allen Fotomontagen sind die Phasenleiter als je 1 Seil dargestellt, was gegenüber den gezeichneten Plänen mit je 2 Parallelseilen im Abstand von 40cm ein wesenlich günstigeres, das heisst, ein falsches Bild ergibt.
Solche Mogeleien erschüttern das Vertrauen in diesen Umweltverträglichkeitsbericht vollends.
Typisch ist auch noch, dass die mit dem Umweltverträglichkeitsbericht betraute Firma Sigmaplan nirgends ihre Geschäftsadresse angibt. Haben die Angst vor Reaktionen aus der Bevölkerung?
Uns fehlt Zeit und Geld, um weitere Unstimmigkeiten aufzudecken. Der vorliegende Bericht zeigt nur die Spitze des Eisberges nach einer Kurzprüfung.
sehen Sie bitte auch unter:
Allgemeine Mustereinsprache 220kV-Hochspannungsleitung Wattenwil-Mühleberg (unter Recht oder Unrecht)
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