Stehen wir kurz vor einem Dammbruch?
Stehen wir kurz vor einem Dammbruch?
Im Damm, welchen die Mobilfunkindustrie in jahrelanger Vorarbeit zusammen mit Behörden und Ämtern, gegen die Gesundheitsinteresssen der Bevölkerung betoniert hat, sind erste grössere Risse auszumachen. In der Schweiz rinnt und spritzt es zur Zeit bedenklich aus allen Ritzen und Spalten.
Erste Absetz- und Fluchtbewegungen von Amts- und Würdenträgern sind bereits im Gange.
Hans-U.Jakob, 9.11.02
Am 6. November trafen sich auf Einladung des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft in Bern erstmals 25 Koriphäen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Bundesämtern, Baubiologie und Elektrosmog-Betroffenen um gemeinsam über ein nationales Forschungsprogramm „Nichtionisierende Strahlung, Umwelt und Gesundheit“ zu diskutieren.
Erstmals in der Geschichte der Schweiz soll ein solches Programm völlig ohne finanzielle Unterstützung der interessierten Industrie und unter Anhörung der Betroffenen-Organisationen ins Leben gerufen werden.
Eine Erscheinung, die noch vor 2 Jahren völlig undenkbar gewesen wäre. Damals wurden an Elektrosmog Erkrankte noch als Simulanten, Lügner, Spinner und Psychopathen abgetan und nichtionisierende (elektromagnetische) Strahlung galt in Intensitäten wie sie im Alltag auftritt, als völlig harmlos und unbedenklich.
Unterdessen scheint man doch unter dem Druck der Ereignisse vielerorts gescheiter geworden zu sein. So war es am 6.November in Bern überhaupt keine Frage mehr, ob ausser der thermischen Wirkung (Erwärmung von Gewebe) noch andere, das heisst rein biologische Wirkungen entstehen könnten. Einzig der Vertreter der SICTA (Vereinigung der Schweizer Mobilfunkbetreiber) versuchte sich noch krampfhaft am überlieferten, überalterten thermischen Wirkungsmodell der ICNIRP (selbsternannte internationale Strahlenschutzkommission) festzuklammern.
Was intensiv über Stunden diskutiert wurde, war die Frage, in welcher Richtung das nationale Forschungsprogramm gehen sollte, ob in Richtung Grundlagenforschung (zelluläre und subzelluläre Effekte) oder in Richtung Epidemiologie (statistische Erhebungen) oder gar in Richtung Abklärung von Einzelschicksalen von Elektrosmog-Kranken.
Dazu gab es fast so viele Meinungen wie Tagungsteilnehmer. Aus Sicht der Elektrosmog-Betroffenen, die von der Gruppe Hans-U.Jakob vertreten wurde, standen epidemiologische Studien klar im Vordergrund, weil die Bevölkerung endlich und so rasch wie nur möglich, wissen will, ob die Tausenden von Mobilfunksendern im Lande jetzt als „Seuchenherde“ zu betrachten sind oder nicht. Im Gegensatz dazu war die etablierte Wissenschaft eher an Grundlagenforschung in allen möglichen biologischen Sektoren interessiert.
Einen argen Dämpfer erhielten die Elektrosmog-Betroffenen bei der Vorstellung des Fahrplanes des anvisierten Programmes:
Während des ganzen Jahres 2003 wollen graue Eminenzen aus Wissenschaft und Politik in ihren Elfenbeintürmen darüber beraten, welche Forschungsthemen mit staatlichen Mitteln finanziert werden sollen und welche nicht. Elektrosmog-Forschung ist da nur ein Thema von vielen.
Dann soll, falls Elektrosmog ein Thema wäre,- und das muss es ja sein, weil im Nationalrat das Postulat von Frau Ursula Wyss dem Bundesrat zur Ausführung überwiesen wurde – 2004 die Ausführungsplanung stattfinden und darüber entschieden werden, welche Institute wieviel Geld für welches Forschungs-Teilgebiet erhalten.
Anfangs 2005 wäre dann Forschungsbeginn und erst im Jahre 2009 könnten erste Resultate publiziert werden.
Das kann so von den Elektrosmog-Betroffenen nicht akzeptiert werden. Hier werden erste Ergebnisse spätestens auf Ende 2003 erwartet, denn bis Ende 2008 werden in der Schweiz ca. 30’000 Mobilfunksender installiert und als Folge davon Tausende von Menschen erkrankt sein. Diesen Wahnsinn gilt es vorher zu stoppen.
Es wird den Elektrosmog-Betroffenen wohl nichts anderes übrig bleiben, als eigene Forschung zu betreiben. Auch die Nationalrätin Ursula Wyss ist nochmals gefordert.
Denn eine solche Bummelei ist sicher nicht im Sinne ihres Postulates.
Wer an der Beratung durch Abwesenheit glänzte, war die Aerzteschaft (sehr enttäuschend, aber verständlich, sind doch Elektrosmog-Kranke eine sehr profitable Einnahmequelle) und die SES (Schweizerische Energiestiftung). Das an der ETH Zürich von den Mobilfunkbetreibern installierte und finanzierte Forscherteam mit dem Namen „nachhaltiger Mobilfunk“ konnte ebenfalls nicht gesichtet werden.
Am 8. November fand im „Casino Zürichhorn“ die Tagung „Mobilfunkanlagen, zwischen Versorgungsauftrag, Raumplanung und Umweltschutz“ statt. Initiiert von der Juristengesellschaft „Vereinigung für Umweltrecht, VUR“
Auch hier war die Frage, ob ausser thermischen Wirkungen noch andere, biologische Effekte nichtionisierender Strahlung zu beobachten wären, überhaupt kein Thema mehr. Jedem Referenten war klar, dass nichtthermische, biologische Wirkungen als gegeben zu betrachten sind.
Da konnte auch der von der Swisscom speziell dazu eingeflogene Störenfried und ehemalige Arbeitsmediziner von Mercedes (D) mit seiner Theorie, dass Hochfrequenzfelder von 120V/m völlig harmlos seien, nichts mehr ausrichten.
Mit dieser Meinung wirkte er eher wie ein Besucher von einem andern Stern, zumal während der ganzen Veranstaltung die sogenannten Salzburger Grenzwerte von 0,6V/m als vorbildlich dargestellt wurden. Auch dass er anderen Teilnehmern mit seinem ungefragten Referat wertvolle Frage- und Diskussionszeit wegstahl, trug nicht gerade zu seiner Sympathie bei.
Für Aufsehen sorgte die gut vorgetragene These, dass Mobiltelofonie juristisch gesehen gar nicht im öffentlichen Interesse liege. Das öffentliche Interesse beziehe sich laut Fernmeldegesetz lediglich auf die telefonische Grundversorgung und diese sei, ausser in weit abgelegenen Berggebieten, durch das Festnetz gegeben. Auch, dass die Konzessionsbestimmungen bereits mit E-Feldstärken von 0,00035V/m erfüllt seien, obschon die Vorsorgegrenzwerte 17’000mal weiter oben, bei 6V/m, angesiedelt worden sind, erfüllte das Publikum mit grossem Staunen. Ausser natürlich die Gigaherz-Leser, die darüber schon seit Monaten oder gar Jahren informiert sind.
Das öffentliche Interesse könne sich also rein rechtlich gesehen lediglich auf das seit Jahrzehnten bestehende Festnetz und nicht auf die fortlaufend neuen, von der Industrie angebotenen Handy-Typen mit Bildversandmöglichkeiten und eingebauter Kamera beziehen.
Hart ins Gericht ging ein Referent ebenfalls mit der stets von den Mobilfunkern vorgetragenen Behauptung, die E-Feldstärke würde mit zunehmender Distanz im Quadrat abnehmen.
Auch das war für Gigaherz Leser nur eine Bestätigung und nichts Neues. Neu war lediglich, dass ein promovierter Jurist mit mathematischen Formeln und mathematischer Präzision diesen Schwindel aufdeckte.
Harsche Kritik musste sich die anwesende Gerichtsschreiberin des Bundesgerichtes darüber anhören, dass das Bundesgericht neue Beweisunterlagen zur Schädlichkeit nichtionisierender Strahlung stets ungelesen mit der Begründung zurückweist, dass wirtschaftliche Tragbarkeit und technische Machbarkeit höher zu gewichten seien als medizinische Gesichtspunkte. Damit werde das Umweltschutzgesetz eindeutig ausgehöhlt oder gar missachtet. Bleibt zu hoffen, dass die Gerichtsschreiberin jetzt einen schriftlichen Rapport über die Tagung schreibt und diesen den Bundesrichtern raschmöglichst zukommen lässt.
Auch mit Risikoabschätzung im Technologiebereich befasste sich ein Referat. Dass dabei das Risiko für das eingesetzte Kapital infolge der Nicht-Akzeptanz einer Technologie durch die Bevölkerung gemeint war und nicht gesundheitliche Risiken, konnte die Gigaherz-Leser auch nicht mehr weiter erstaunen. Auch wurde bestätigt, dass in dieser Risiko-Abschätzung ebenfalls psychologische Untersuchungen über Anführer von Widerstandsbewegungen beinhaltet sind. Und einmal mehr wird bei dieser Risiko-Abschätzung versucht, Elektrosmog-Krankheiten als psychische Krankheiten (Angst) darzustellen.
Das konnte die Vizepräsidentin der Schweizerischen Interessengemeinschaft Elektrosmog Betroffener in ihrem zufällig erhaltenen Schlusswort sehr schön kontern, indem sie frisch von der Leber weg von am Elektrosmog erkrankten Kleinkindern berichtete, die ja kaum vor Angst krank werden könnten.
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