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Vom Monte Verità zum Monte Silenzio

Wie aus dem Berg der Wahrheit plötzlich ein Berg der Stille wurde.

Von Hans-U. Jakob

Schwarzenburg, 5. 12. 2012




Monte_Verita.jpgVom 21. bis 26. Oktober 2012
fand auf dem Monte Verità bei Locarno ein pompöser, von den Bundesämtern BAFU, BAG und BAKOM sowie von der ETH und der interessierten Industrie gesponserter internationaler Kongress von einer ganzen Woche Dauer statt. Rund 70 Referentinnen und Referenten aus der ganzen Welt gaben sich ein luxeriöses Stelldichein. Die Öffentlichkeit wurde mit Eintrittspreisen von sfr. 1’600.- ferngehalten. Auch der sogenannte Public Event vom 24.Oktober mit “Dinner and Discussion” wurde mit der Dauer von 19.00 bis 22.00 so geschickt gewählt, dass gleichentags eine Rückreise nicht mehr zu bewältigen war.

Umsomehr musste befürchtet warden, dass am Ende des Kongresses in den Medien eine Propagandalawine der Mobilfunker und Stromhändler losbrechen würde. Mit PR-Artikeln, Interviews und TV-Reportagen mit dem gewohnten Finale fortissimo: “Entwarnung, Entwarnung! Alles völlig harmlos, alles völlig harmlos!”

Doch nichts dergleichen geschah. Auch 5 Wochen nach Beendigung des Kongresses immer noch Totenstille. Der Monte Verità ist zum Monte Silienzio mutiert. Was ist da geschehen?

Hatten die Bundesämter doch erst kürzlich noch mit Brief vom 11. Oktober an den Verein Gigaherz mit voller Überzeugung erklärt: Solche Konferenzen entfalten erfahrungsgemäss in Wissenschaftskreisen und in der Öffentlichkeit eine beträchtliche Breitenwirkung. Was ist dismal schief gelaufen?

Die einzige Reportage über den Kongress, die aufzutreiben war, stand im Internet-Blog von Prof. PhD DSC Dariusz Leszczynski. Nach dessen Blog muss da oben vom 21-26 Oktober einiges völlig schief gelaufen sein. Überraschend sei eine Aussage von Wolfgang Kainz (USA) gewesen: „EMF kann sich auf biologische Systeme bei nicht-thermischem Level auswirken“.

Ein solcher Paradigmenwechsel darf natürlich nicht in die Öffentlichkeit gelangen.

Andrea Klinger, Vereinssekretärin und Vorstandsmitglied von Gigaherz, hat weitere Monte-Verità- Zitate zusammengestellt

Impressionen vom Monte Verità aus dem Blog von Prof. PhD DSC Dariusz Leszczynski vom 31. Oktober 2012

Vom 21. bis 26. Oktober 2012 fand auf dem Monte Verità der Workshop “EMF Health Risk Research: Lessons Learned and Recommendations for the Future” statt. Dieses zweite Seminar, organisiert von der IT’IS Foundation und der ETH Zürich, fokussierte sich auf reproduzierbare Effekte von nichtionisierender Strahlung und deren Wechselwirkungen.

Dariusz Leszczynski von der finnischen Strahlenschutzbehörde, derzeit Gastprofessor an der Australischen Swinburne Universität für Technologie, hat einen Überblick der bislang ausgeführten Proteomik-Studien präsentiert. Leszczynski hat seine Eindrücke von der Konferenz in seinem Blog festgehalten:

http://betweenrockandhardplace.wordpress.com/2012/10/31/impressions-from-monte-verita/ .

Die Zitate stammen aus der Übersetzung von R. Brehm auf der Website von Hese-Project: http://www.hese-project.org/de/emf/News/Berichte/Eindruecke_von_Monte_Verita.pdf

Leszczynski äussert sich recht pessimistisch über den Stand der Forschung: Die zweite Monte-Verità-Veranstaltung war ein gut organisiertes Treffen mit einer repräsentativen Gruppe von Wissenschaftlern, aber das Endergebnis fühlt sich eher mager an. Wieder einmal hat die wissenschaftliche Versammlung von bioelektromagnetischen Forschern gezeigt, dass die Forschung nicht nur wegen des Mangels an Finanzierung, sondern eher wegen des Mangels an neuen Ideen nicht vorankommt. Mit einem Wort, es herrscht – Stillstand.“

Eines der wichtigsten Themen war „DNA-Schäden und Genotoxizität von HF-EMF“.

Zum Vortrag von Primo Schär (Schweiz) meint Leszczynski: „[…] Da waren zwei interessante Anmerkungen in seiner Rede. Als erstes, dass es möglich ist, wenn einige Forscher DNA-Schäden – bedingt durch HF – finden, wo es andere nicht tun, beide Seiten im Recht sein könnten. Vielleicht benutzen wir einen falschen Endpunkt bei der Betrachtung von HF-Effekten. Bedeutet dies vielleicht, dass es möglich ist, dass der primäre ,,Schaden“ an einer anderen Stelle passiert und der manchmal beobachtete DNA-,,Schaden“ ein Nebenprodukt des ursprünglichen Schadens ist, der nicht immer auftritt? […].“

Boris Pasche (USA), der spezifische HF-Frequenzen zur Behandlung von Krebs benutzt hat, habe gleichzeitig Begeisterung und Skepsis geerntet. „[…] Wenn bestätigt werden würde, dass eine solch niedrige Energie Auswirkungen auf biologische Systeme hat, wäre es ein entscheidender Durchbruch, der die Revision der gegenwärtigen Paradigmen auslösen würde. […]“

Im Gespräch mit Zhengping Xu (China) kamen Fragen zu Festsetzung von Parametern auf: „[…] könnte es so sein, […] dass, wenn die Expositionskammer perfekt abgestimmt ist, sie auf ,,falsche“ Parameter abgestimmt sein könnte? Wir wissen noch nicht, was die ,,richtigen“ Parameter der HF-Exposition sind. […] Solch eine perfekte Abstimmung der Exposition ist im realen Leben, wenn wir das Telefon an unseren Kopf setzen, nicht vorhanden. […]

Überraschend sei eine Aussage von Wolfgang Kainz (USA) gewesen: „EMF kann sich auf biologische Systeme bei nicht-thermischem Level auswirken“. Leszczynski dazu: „Ich erklärte, wenn Wolfgang zustimmt, dass es nicht-thermische Auswirkungen gibt und das ICNIRP-Sicherheitsniveau so eingestellt ist, dass es nur vor thermischen Auswirkungen schützt, dann wissen wir überhaupt nicht, ob das aktuelle Sicherheitsniveau die allgemeine Öffentlichkeit ausreichend schützt. Die Sicherheitsstandards schützen nicht vor den nicht-thermischen Auswirkungen. Wolfgang stellte sich nicht gegen meinen Kommentar.“

Von Hans-U. Jakob

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