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Wie gesund sind Hochspannungsleitungen?

Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen

vom 18.9.2015
Publiziert bei Gigaherz.ch am 22.10. 2016
mit 1 Jahr Verspätung, da die Mitteilung nur über verwinkelte Umwege zu uns gelangte. Besser spät als nie.

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Der Originaltext lautet

Wie gesund sind Hochspannungsleitungen?

[18.09.2015] Hochspannungsleitungen wirken sich auf den Hormonspiegel aus – allerdings jahreszeitlich schwankend. Ein internationales Team unter der Leitung von Prof. Dr. Hynek Burda von der Universität Duisburg-Essen (UDE) hat herausgefunden, dass Kälber, die elektromagnetischen Wechselfeldern ausgesetzt waren, im Winter weniger vom Schlafhormon Melatonin produzieren als im Sommer.

Melatonin entsteht nachts in der Zirbeldrüse des Gehirns. Über den Blutkreislauf gelangt es zu fast jeder Zelle des Körpers, wo es vielfältige Funktionen erfüllt. Es steuert die Tag- und Nachtrhythmik und stärkt das Immunsystem. Es soll auch vor Krankheiten schützen, etwa Krebs oder Alzheimer. Studien legten einen Zusammenhang nahe zwischen der unterdrückten Melatoninproduktion und dem Auftreten von Kinderleukämie in der Nähe von Hochspannungsleitungen. Eindeutig nachweisbar war dies bislang jedoch nicht: Mal waren die Melatonin-Konzentrationen bei Tieren, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen gehalten werden, erhöht, mal erniedrigt und manchmal blieben sie auch unbeeinflusst.

Dem ging nun ein internationales Team aus tschechischen, deutschen und belgischen Wissenschaftlern genauer nach. Ihre Ergebnisse wurden gerade in Scientific Reports veröffentlicht, einem Journal der renommierten Nature Gruppe. Sie untersuchten eine zentrale Voraussetzung der „Melatonin Hypothese“ anhand des Speichels junger Rinderkälber. Studienleiter Prof. Dr. Hynek Burda: „Wir haben uns deshalb für Kälber entschieden, weil Bauern bereits seit längerem darüber diskutieren, ob Hochspannungsleitungen die Gesundheit und den Ertrag ihres Milchviehs beeinflussen. Außerdem konnte unsere Arbeitsgruppe schon früher nachweisen, dass Rinder Magnetfelder wahrnehmen.“

Die Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass Kälbchen tatsächlich weniger Melatonin produzieren, wenn sie elektromagnetischen Magnetfeldern ausgesetzt sind. Interessanterweise aber nur im Winter, im Sommer verkehrt sich der Effekt sogar leicht ins Gegenteil. Burda: „Dieser saisonale Effekt des Magnetfeldeinflusses ist eine neue Erkenntnis, die die bisherigen Studien in einem neuen Licht erscheinen lässt. Er könnte auch erklären, weshalb es bislang so uneinheitliche Ergebnisse bei Wiederholungsexperimenten gab.“

Offensichtlich, so die Schlussfolgerung, haben magnetische Wechselfelder einen Einfluss auf die Gesundheit. Dieser ist jedoch deutlich komplexer als bisher angenommen. Der nun gezeigte saisonale Einfluss könnte sich als zentral für das Verständnis der Mechanismen erweisen, die der Wechselwirkung zwischen Magnetfeldern, vegetativer Physiologie und Gesundheit zugrunde liegen.

Artikel: Tereza Kolbabová, E. Pascal Malkemper, Luděk Bartoš, Jacques Vanderstraeten, Marek Turčáni, Hynek Burda (2015): Effect of exposure to extremely low frequency magnetic fields on melatonin levels in calves is seasonally dependent. Scientific Reports 5:14206.
http://www.nature.com/articles/srep14206 

Weitere Informationen: Prof. Dr. Hynek Burda, Tel. 0201/183-2453, hynek.burda@uni-due.de, Dr. E. Pascal Malkemper, Tel. 0201/183-4310, pascal.malkemper@uni-due.de

Redaktion: Beate Kostka, Tel. 0203/379-2430

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Bild oben: Die Versuchsanordnung:
Vier Kälber (2 M, 2 F) aus jedem Versuch (Winter und Sommer) wurden einem magnetischen Wechselfeld 50 Hz-MF (Sinuswelle) einer Intensität von 0,39-0,41 μT) ausgesetzt, die durch eine kundenspezifische Spule hergestellt wurden. Die Spulen bestanden aus 6 Umwicklungen Koaxialkabel (abgeschirmt, um die Erzeugung von elektrischen, nicht aber magnetischen Feldern zu verhindern), die mit einer kundenspezifischen Stromversorgung verbunden sind.

Was Hans-U. Jakob dazu meint:
Die Intensität des Magnetfeldes von nur 0.38-0.41µT scheint im Vergleich zu den erlaubten Grenzwerten der Stromnetzbetreiber doch etwas zu gering. Diese Grenzwerte für elektromagnetische Wechselfelder im Niederfrequenzbereich betragen: In der Schweiz 1 µT, in Italien 3 µT in den übrigen EU-Ländern 100 µT (!) und nach ICNIRP, der internationalen Strahlenschutzkommission, die keine Behörde, sondern ein rein privater Verein von Verharmlosern ist, sogar vollkommen verrückte 200 µT.

Der Sommer-Winter Unterschied rührt wohl daher, dass sich die Kälber im Winter vorwiegend in den rundum geschlossenen Boxen mit Magnetfeld aufhielten und im Sommer vorwiegend im offenen Teil, das heisst, ausserhalb des Magnetfeldes.

War man bisher der Meinung, nur hochfrequente EM-Felder von Sendeanlagen (Radio-TV-Mobilfunk) würden die Melatoninproduktion beeinflussen, zeigt doch die vorliegende Studie auch einen schönen Effekt bei niederfrequenten Feldern wie diese von Hochspannungsleitungen und Trafostationen ausgehen.

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Bild oben:
Zeigt die tägliche Melatoninausschüttungen bei Menschen. 1998 aufgenommen, 14 Tage lang vor und 14 Tage lang nach der definitiven Abschaltung des Kurzwellensenders Schwarzenburg.

Gruppe 1 vor Abschaltung des Senders 4.6 pg/ml bei 0.55V/m
Gruppe 1 nach Abschaltung des Senders 9 pg/ml
Gruppe 2 vor Abschaltung des Senders 9.5 pg/ml bei 0.79V/m
Gruppe 2 nach Abschaltung des Senders 14.8 pg/ml
Gruppe 3 vor Abschaltung des Senders 17.8 pg/ml bei 1.34V/m
Gruppe 3 nach Abschaltung des Senders 100.6 pg/ml

Sensationell und zugleich erschreckend sind die Resultate von Gruppe 3. Welch frappanter Unterschied bei einer Feldstärke von nur 1.34V/m zu Null V/m. Dies bei einem damaligen amtlichen Grenzwert von 27.5V/m. (heute 3V/m)

Die Grafik wurde erstellt von Hans-U. Jakob anhand der Daten einer Nachfolgestudie zum Kurzwellensender Schwarzenburg vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der UNI Bern.
Parallel dazu (März 1998) lief eine Studie mit Melatoninproben bei Milchkühen deren Resultate nie veröffentlicht wurden. Nachfragen beim Rektorat der UNI Bern blieben konsequent unbeantwortet. Ein solches Verhalten gibt berechtigterweise zu Spekulationen der schlimmsten Art Anlass.
Empfohlene Links dazu:
https://www.gigaherz.ch/hochspannungsleitungen-und-krebs-1659/
oder aus neuester Zeit:
https://www.gigaherz.ch/hochspannungsleitungen-der-grosse-volksbeschiss/
Böswillige Besserwisser, Mobbing Beauftragte und Auftrags-Rufmörder möchten wir speziell auf die Copyright-Bestimmungen dieser Webseite hinweisen.

Von Hans-U. Jakob

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