Wissenschaftliche Freiheit=Narrenfreiheit ?
Mobilfunkstrahlung mit dem falschen Gerät zur falschen Zeit am falschen Ort messen, ist weder wissenschaftliches Fehlverhalten, noch wissenschaftlicher Betrug, sondern ganz einfach wissenschaftliche Freiheit, sagt der Integritätsbeauftragte der Universität Basel.
von Hans-U. Jakob
Schwarzenburg, 24.Juli 2014
Das geht so aus den Schlussfolgerungen hervor, welche der Integritäts-Überwacher und alt Basler Obergerichtspräsident Dr. jur. Eugen Fischer, in seinem Schlussbericht über die Beschwerde des Vereins Gigaherz gegen Dr. Martin Röösli vom Swiss Tropical and Public Health Institut in Basel, zieht.
Die neue Untersuchungskommission
Am 7. November 2013 stand im Tagesanzeiger eine kleine Notiz mit dem Vermerk, dass es jetzt eine neue Kommission unter der Leitung von Dr.jur. Dr.hc. Kurt Seelmann, Ordinarius für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Basel gebe, welche Verdachtsfälle auf wissenschaftliches Fehlverhalten untersuchen würde.
Wow, ein Dr.hc. und Rechtsphilosoph dachte man bei Gigaherz. Mal sehen ob der sich getraut, gegen den Basler Wirtschafts- und Wissenschaftsklüngel vorzugehen, der seit Jahren, die Basler und und damit auch die Schweizer Bevölkerung über die Strahlenbelastung falsch informiert. Sehen Sie dazu
https://www.gigaherz.ch/basler-immissionskataster-eine-plumpe-faelschung/ und https://www.gigaherz.ch/leider-keine-verschwoerungstheorie/
Die Verdachtsmeldung
Als Aufhänger für die Verdachtsmeldung nahm Gigaherz die Studie Martin Röösli/Damiano Urbinello/Silventer Jeyachandren mit dem Titel „Zeitliche und räumliche Verteilung hochfrequenter elektromagnetischer Felder (HF-EMF) im Raum Basel“ in welcher erneut behauptet wurde, im zentralen Wohngebiet (Innenstadt) betrage die elektromagnetische Belastung der Bevölkerung im Schnitt lediglich 0.16V/m. Wer Auftraggeber zu dieser Studie war und wer diese finanziert hat, geht aus dem offiziellen Text nicht hervor.
Eine Kritik dazu wurde bei Gigaherz bereits am 19. September 2013 publiziert unter https://www.gigaherz.ch/erneute-fehlmessungen-der-uni-basel/
Die hauptsächlichen Kritikpunkte:
Aus dem von Gigaherz eingereichten Beweismaterial geht hervor, dass Mobilfunkstrahlung mit einem Dosimeter im Rucksack, auf einem Spaziergang durch die Basler Innenstadt gemessen und fortlaufend aufgezeichnet, an ¾ der Messpunkte allein wegen der Abschirmung durch den menschlichen Körper um 7-12mal zu tiefe Werte ergibt. Und dass die Strahlung mit zunehmender Höhe vom Erdgeschoss bis ins 5. oder 6. Obergeschoss kontinuierlich bis zum 30-Fachen ansteigt. (Alle Angaben in V/m) Die Bilder und Grafiken dazu finden Sie unter
https://www.gigaherz.ch/so-falsch-messen-dosimeter-die-bilder/ und https://www.gigaherz.ch/mobilfunkstrahlung-sichtbar-gemacht-2/
Bild links: Computersimulation des Strahlungsbildes eines mittelstarken Mobilfunksenders welcher sich auf dem Flachdach am rechten Bildrand in der unteren Hälfte des Bildes befindet und in Richtung 10Uhr strahlt. Mobilfunk-Gesundbeter bevorzugen Messungen mit dem Dosimeter anlässlich von Wanderungen, möglichst in den dunkelblauen Zonen, unten auf der Strasse mit Werten unterhalb 0.1V/m während in den oberen Stockwerken (im Bild oben links) ohne weiteres Werte von 3V/m anzutreffen wären. Das heisst bis 30mal mehr.
Farbskala:grün-gelb bis 3V/m, weiss bis 1V/m, hellblau bis 0.5V/m, dunkelblau bis 0.1v/m
Der Dr.jur. Dr.hc. Rechtsphilosoph will nicht
Mit Brief vom 18.12.2013 wird Gigaherz auf Briefpapier des Schweizer Nationalfonds (SNF) mitgeteilt, die Kommission wolle mit der Sache nichts zu tun haben, da diese Studie nicht vom SNF finanziert worden sei, sondern von der Stadt Basel. Dass Dr. Röösli schon mehrmals ähnliche Dosimeterstudien beim SNF plaziert hat, so auch beim NFP57, interessiert die Kommission nicht. Immerhin schickt sie die Klage nach unserem geharnischten Protest an die fakultäre Vertrauensperson der philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der UNI Basel.
Die Vertrauensperson
Dr. Martin Röösli antwortet der Vertrauensperson am 3.2.2014mit einem Bombardement von eigenen und fremden Studien, alle mit einem Dosimeter erhoben. Alle auf Englisch. Und alle bereits in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Dass diese Studien ebenso zu falschen Schlüssen kommen, wird gar nicht erst in Betracht gezogen. Und die von Gigaherz eingereichten Beweise würden sich auf krasse Einzelfälle beziehen, meint Dr. Röösli
Die Vertrauensperson, eine Professorin mit Rang und Namen, kann weder Röösli noch Gigaherz zu einem Einlenken bewegen und reicht am 11.2. 2014 die Sache an den Integritätsbeauftragten der UNI Basel, an Dr. jur. Eugen Fischer, alt Obergerichtspräsident, weiter.
Der Integritätsbeauftragte
Dr. Eugen Fischer erhält am 19.3 2014 die von Gigaherz verlangte Antwort auf Rööslis Rechtfertigungen vom 3.2.14. Darin weist Gigaherz nach, dass der Durchschnittsbasler nicht unten auf der Strasse wohnt, wo Dr. Rööslis Mitarbeiter gemessen haben, sondern im 3. Stock, weil die meisten Häuser der Innenstadt 6-7 Stockwerke aufweisen und dass es in der Stadt Basel mindestens 45‘000 solcher Einzelfälle, wohnhaft in 15‘000 Wohnungen gibt. Auch Rööslis Behauptungen, dass die von akkreditierten Messfirmen in den oberen Stockwerken erfassten Messwerte lediglich um hochgerechnete, in der Praxis nicht vorkommende Werte seien, werden glatt widerlegt
Das Verfahren wird eingestellt
Am 17.5.2014 stellt Dr. Fischer das Verfahren gegen Dr. Martin Röösli ein. Die Begründung unter Punkte 2.2 und 2.3 lautet zusammengefasst:
Ein wissenschaftliches Fehlverhalten sei nicht nachzuweisen. Dr. Röösli habe die Daten weder erfunden noch manipuliert, sondern klar nachgewiesen, wo und wie und mit welchem Gerät diese erhoben worden seien. Das gewählte Messverfahren, unterliege der wissenschaftlichen Freiheit, in welche sich der Staat nicht einzumischen habe.
Das schönste Zitat lautet: „Diese Freiheit kann auch beanspruchen, wer in seinen wissenschaftlichen Publikationen Thesen vertritt, die diskutabel oder anfechtbar sind. Nur dort wo wissentlich und willentlich Falschangaben in eine wissenschaftliche Arbeit einfliessen, bleibt Raum für ein behördliches Einschreiten wegen Fehlverhaltens in der Wissenschaft.“ Ende Zitat
Und bei gegenläufigen Gutachtermeinungen sei es dem Richter freigestellt, welches Gutachten er als das richtige beiziehe.
Oder in die Nicht-Juristensprache übersetzt: Mit dem falschen Gerät am falschen Ort, zur falschen Zeit messen ist weder wissenschaftliches Fehlverhalten, noch wissenschaftlicher Betrug, sondern wissenschaftliche Freiheit. Wer den Schwindel nicht bemerkt, ist selber schuld.
An der Gigaherz-Vorstandssitzung vom 12.Juli 2014 wurde einstimmig beschlossen, mit dieser als Skandal empfundenen Geschichte über die Medien an die Öffentlichkeit zu gelangen. Ein erster Schritt ist mit diesem Beitrag auf der Internetseite von Gigaherz.ch getan.
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